Paris. . Der Krieg der Drogenbanden in Marseille hat ein weiteres Menschenleben gekostet: Ein 25-Jähriger wurde am Steuer seines Autos niedergeschossen. Die Gewalt in der südfranzösischen Hafenstadt hat solche Formen angenommen, dass der Ministerpräsident sie gleich mit fünf Ministern besucht.
Der Krieg der Drogenbanden in Marseille hat ein weiteres Menschenleben gekostet: Ein 25-Jähriger wurde am Steuer seines Autos niedergeschossen. Die Gewalt in der südfranzösischen Hafenstadt hat solche Formen angenommen, dass der Ministerpräsident sie gleich mit fünf Ministern besucht.
Die Tat erinnert an die Mafiaverbrechen der 80er-Jahre: Zwei Killer schießen von einem Motorroller aus auf einen Autofahrer. Der polizeibekannte Angeschossene versucht daraufhin zu Fuß zu flüchten und bricht zusammen. „Nachdem er am Boden lag, haben sie ihr ganzes Magazin auf ihn abgefeuert“, sagt ein Zeuge der Zeitung „La Provence“. Die Szene spielt sich am Montagabend im Ausgehviertel Estaque ab, wo die Gewalt zum Alltag gehört. 13 Menschen starben seit Jahresanfang durch Angriffe rivalisierender Drogenbanden, die oft zu Kalaschnikows greifen.
Innenminister kündigt Verstärkung für die Polizei an
Innenminister Manuel Valls kündigt Verstärkung für die Polizei in der zweitgrößten französischen Stadt an. Die Beamten sollen nicht nur auf den Straßen, sondern auch in den Krankenhäusern für Sicherheit sorgen, fordern Gewerkschaften. Denn am Wochenende wurde ein Krankenpfleger von drei Kriminellen mit einem Messer verletzt. Die Männer hatten einen 18-Jährigen vor einem Nachtclub niedergestochen und wollten sich dann im Krankenhaus wegen kleinerer Blessuren behandeln lassen. Als sie nicht schnell genug drankamen, zückten sie das Messer.
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„Wir sind in einem neuen Stadium der Gewalt angekommen, das überall in Marseille herrscht, auch im Krankenhaus“, sagt eine Vertreterin der Krankenhausgewerkschaft in der Zeitung „Le Figaro“. Noch mehr Aufsehen erregte eine Woche davor der Tod eines Studenten. Dem 22-Jährigen wurde direkt im Zentrum die Kehle durchschnitten, als er am Bahnhof Saint Charles eine Freundin vom Zug abholen wollte. Zunächst verdächtigte die Polizei einen schizophrenen Obdachlosen als Täter, gab die Spur aber dann doch wieder auf.
„Marseille ist eine Stadt, die jahrelang vom Staat, den Regionalbehörden und der Stadtverwaltung vergessen wurde“, räumt Valls im Fernsehsender BFMTV ein. Vor einem Jahr verkündete die sozialistische Regierung in Paris eine „Strategie der Rückeroberung“. Gut 200 Polizisten wurden in die Metropole entsandt, die seither auch über zwei spezielle Sicherheitszonen verfügt. „Das Sicherheitskonzept trägt Früchte“, verkündete der Innenminister vergangene Woche bei einem Besuch selbstbewusst. Doch inzwischen muss auch der für seine harte Hand bekannte 51-Jährige einräumen, dass die Gewalt nach wie vor an der Tagesordnung ist. „Ich gebe Marseille nicht verloren“, versichert der gebürtige Spanier.
Zahl der Toten sei geringer als 2012
Die Regierung verweist trotz der jüngsten Schreckensnachrichten darauf, dass die Zahl der Toten durch Bandenfehden in diesem Jahr bisher geringer ist als 2012, wo Marseille samt Umland 24 Opfer zählte.
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Die Gewalt zwischen den Drogenbanden läuft meist nach demselben Schema ab: Die Angreifer schießen aus einem Auto heraus und zünden dann ihre Opfer an. „Grillen“ heißt das im Bandenjargon. „Für unsere Kinder ist es normal geworden, dass man jemanden als verkohlte Leiche in einem Auto wiederfindet“, sagt eine Frau aus einem Problemvorort am Rande einer Demonstration gegen die Gewalt in Marseille.
Die Gewaltserie ist für die Stadt besonders schlecht, da Marseille zusammen mit der Region Provence in diesem Jahr europäische Kulturhauptstadt ist. 450 Millionen Euro hat die Stadt ausgegeben, um Touristen aus aller Welt anzuziehen. Auf zwei Millionen Besucher zusätzlich hoffen die Veranstalter. „Marseille will zeigen, dass es nicht nur aus Drogen und Bandenkriegen besteht“, sagte der stellvertretende Intendant der europäischen Kulturhauptstadt Marseille-Provence, der Deutsche Ulrich Fuchs, zur Eröffnung im Januar. Um das zu beweisen, bleiben der Stadt nun nur noch vier Monate.