Gelsenkirchen.

Mehr Revier geht kaum für einen echten Ruhrgebiets-Krimi: Bei der bleichen Leiche handelt es sich um einen jungen Mann im Schalke 04-Dress, der Tatort ist ein verfallenes Zechengelände und die Typen, die die Gelsenkirchener Autorin Margit Kruse in ihrem neuen Roman „Zechenbrand“ versammelt, die sind so was von herrlichstem Ruhrpott, das dem Liebhaber der Region das Herz aufgeht.

Margit Kruse, selbst waschechtes Kind der Region, wurde 1957 in Erle geboren und ist seit über einem Jahrzehnt in Hassel zu Hause. In ihrem neuen Krimi zeichnet sie humorvoll ein charmantes Panoptikum voller skurriler, liebenswerter und markanter Figuren, die allesamt in dieser Stadt zu Hause sind. Lokalkolorit pur, ohne platte Anbiederung, aber doch mit einem liebenden Blick auf den Menschenschlag.

Die friedliche Siedlungsidylle trügt

Im Mittelpunkt steht, wie schon im Vorgänger-Krimi „Eisaugen“, die Damenoberbekleidungsverkäuferin Margareta Sommerfeld, eine glühende und pfiffige Verehrerin der Tatort-Kommissarin Charlotte Lindholm. Die selbstbewusste Bueranerin setzt sich auch diesmal wieder munter auf Miss Marples Spuren und ermittelt auf eigene Faust in Sachen Mord.

Und mit nur einer Leiche ist es diesmal nicht getan. Schon auf Seite 50 geht das nächste Oper auf dem Gelände der einstigen Zeche Bergmannsglück blutend zu Boden. Sind die beiden erschlagenen Opfer zwischen die Fronten der Bergmannsglücker Interessen geraten? Ist Erpressung im Spiel oder Bestechung? Die friedliche Siedlungsidylle trügt auf jeden Fall. Scheinbar ist der schwelende Konflikt zwischen Denkmalschutz und Arbeitsplatzschaffung grausam eskaliert.

Penible Beobachterin des Alltags

Margit Kruse ist eine penible Beobachterin ihres Alltags und greift Themen aus ihrer nahen Umgebung auf. Den Konflikt zwischen einer Bürgerinitiative, die die ausrangierte Zechenanlage retten möchte, und einer Firma, die in Arbeitsplätze investieren will, erlebt die Autorin seit Monaten hautnah mit. Vom Schreibtisch aus blickt sie direkt auf den Tatort Zeche, Inspiration pur.

Eine mordsmäßig spannende, kurzweilige Geschichte mit großem Wiedererkennungseffekt für jeden Ruhri: Ob die historischen Backsteingebäude von Bergmannsglück, die Markthalle in Buer, Zechengelände Waltrop oder Haltern am See, bekannte Lokalitäten findet hier jeder. Und vor allem vertraute Typen, die Kevin oder Koslowski heißen, die Bier, Bratwurst und Schalke 04 lieben, und die die Autorin authentisch, aber mit einer leicht satirischen Note lebensprall skizziert.

Margareta Sommerfeld wird weiter ermitteln, der nächste Band liegt bereits in der Schublade.