Essen. . Kleine Autos mit großer Leistung: Fast alle großen Hersteller haben einen kurzen Flitzer im Programm. Der Ford Fiesta ST mit 182 PS hat sogar einen „Sound Symposer“ für Sportwagenklang eingebaut.
Knalldose. Rennsemmel. Krawallbüchse. Mit diesem Stempel fahren sie, die kleinen Autos mit wenig Gewicht und viel PS. Fast jeder große Hersteller hat so einen Donnerkeil um die vier Meter im Programm: VW den Polo GTI, Peugeot den 208 GTi. Renault heizt den Clio zur RS-Version auf, Opel trainiert den Corsa hoch zum OPC, Ford den Fiesta zum ST.
Die Kleinsportler sehen aus wie ein Wolf im, naja, Wolfspelz. Wenn zum Beispiel beim Fiesta ST schon „Dachspoiler groß“ in der Ausstattungsliste steht, dann heißt das: Man soll die Leistung ruhig auch sehen. Darum kriegt der Auspuff mehr Enden, die Karosserie liegt eine Nummer tiefer, dazu trägt man die Schürze sportlich. Und so mischt sich manchmal etwas Spott-Additiv ins Superbenzin. „Unpraktisches Auto für halbstarke Rüpel“, sagen zumindest die Augen der älteren Nachbarin – sie hat gerade besorgt an die Seitenscheibe des Fiesta ST geklopft, um zu signalisieren, dass der Autor dieser Zeilen beim Einparken fast den Zaun geschrammt hätte „mit diesem großen Dingsda hinten“ (sie meint besagten Spoiler).
Der Verbrauch: acht bis zehn Liter auf 100 Kilometer
Dass beim Aussteigen ein rot beleuchteter „ST“-Schriftzug auf der Schwelle zu lesen ist, ist ihr wohl egal, das verchromte Doppelendrohr ebenso. Auf der Autobahn fällt schon auf, dass öfter als sonst irgendein tiefergelegter Held an der Stoßstange klebt oder ein Oberklasse-Fahrer zeigen will, wie sehr die Rennsemmel unter seiner Würde ist.
Klar, die Vernunft rät zu einem anderen Auto. Zumindest nicht zu einem, das wie der ST mit 182 PS - vorsichtig gesagt – nicht untermotorisiert ist und das als Kleinwagen mit acht bis zehn Liter auf 100 km die Töpfe spült. Es werden vielleicht gut sieben, wenn der Fahrer brav dem kleinen Pfeil neben dem Kilometerzähler gehorcht, der zum Hochschalten mahnt – und zwar gerne dann, wenn der Turbo kurz vor 2000 Umdrehungen doch gerade erst zur wilden Hatz blasen will. Eine Start-Stopp-Automatik gibt’s leider nicht, dafür gewinnt der Fiesta immerhin beim Bremsen Energie zurück.
Nein, wer sich eine Knalldose kauft, der sucht ein Sport- und Spaßgerät. Und unter den Rennsemmeln ist der Fiesta ST die Kraftkorn-Variante. Bis 5000 Umdrehungen gibt’s Vorwärtsdrang satt, für den eiligen Kick kann der Motor kurzfristig 290 Nm Drehmoment lockermachen. Da sind die 1,2 bis 1,6 Tonnen Fiesta schneller in Wallung, als man „Fahrspaß“ buchstabieren kann. Aus dem Stand steht die Tachonadel nach 6,9 Sekunden bei100.
Durch das Sportfahrwerk saust der Fiesta auf seinen Niederquerschnittsreifen wie ein Carrerabahn-Auto um die Kurven, durch die ihn der Fahrer mit der wunderbar direkten Lenkung scheucht. Mit dem knackig und exakt zu schaltenden Getriebe gehen die Gangwechsel schwuppdiwupp, und das Stabilitätsprogramm ist im Sportmodus weniger streng. Die guten Recaro-Sitze (gegen Einwurf größerer Scheine gibt’s hier etwas Leder: 1000 Euro fürs Leder-Sport-Paket) passen wie angegossen und halten die Passagiere fest im Griff. Ein Restfederungskomfort ist vorhanden, aber buckelige Straßen und Langstrecken können schon ein Kreuz sein. Da sind andere weniger kompromisslos.
Im ST sind diverse Sicher-Heiz-Features Serie
Wer den Startknopf im Fiesta ST drückt und Gas gibt, freut sich über das unerwartet volltönende Brummen. Dafür hat Ford nämlich den „Sound Symposer“ eingebaut, der den Reisenden einen sonoren Sportwagenklang aufs Trommelfell zaubert, ohne dabei aufdringlich zu werden. Ein 1,6-l-Vierzylinder ist sonst ja eher nicht der Symphoniker unter den Sportmotoren.
Ford hat dem Fiesta ST diverse Sicher-Heiz-Features mitgegeben. ESP ist serienmäßig dabei, auch Airbags allerorten. Werden beim Unfall die Airbags ausgelöst, kann das Auto über das Handy des Fahrers selbstständig Hilfe rufen. Eine interessante Idee ist der programmierbare Zweitschlüssel, der bei Ford „MyKey“ heißt. Den kann man so eichen, dass das Auto damit nicht mehr 223 km/h rennt, sondern auf 140 oder 160 km/h gedrosselt ist; dass das Radio maximal auf halber Lautstärke läuft und dass sich das ESP nicht abschalten lässt. Nur mit dem elterlichen Erstschlüssel kann man die Sperre wieder aufheben. Nun könnte man aber gerade mit einem Fiesta ST auch bis 140 km/h Unfälle anrichten – zwischen Sicherheit, Fahrspaß und Bevormundung liegt ein schmaler Grat.