Essen. Wenn der Eisbär mit dem Grizzly... Durch das wärmer werdende Klima nähern sich Eisbären und Braunbären immer weiter an. Gelegenheit macht neue, kleine Bären. Forscher beobachten häufiger eine neue Bärenmarke: Den Pizzly. Die neue Art macht den Experten aber große Sorgen.
Sie glänzen Cappuccino-farben in der Sonne, ihr Fell ist gescheckt. „Nicht wie bei einer Kuh“, erklärt Janosch Arnold, Referent für europäische Beutegreifer bei der Naturschutzorganisation WWF. Die dunklen Sprenkel seien eher klein, verteilen sich meist rund um die Nase. Arnold beschreibt eine neue Bärenmarke, eine Mischung aus Braun- und Eisbär, die die Wissenschaftler im hohen Norden der Arktis in den letzten Jahren immer häufiger beobachten. Die ihnen Sorgen bereitet.
Verantwortlich für diese neue „Art“ ist der Klimawandel. „Das milde Klima lässt die Braunbären immer weiter nördlich wandern“, sagt Arnold. Im Gegenzug muss der Eisbär im Sommer länger an Land verharren. „Die Arten kommen sich näher.“ Gelegenheit macht neue, kleine Bären, sozusagen.
Biodiversität möglicherweise bedroht
Was zunächst putzig klingt, finden Wissenschaftler gar nicht süß. Natürlich kommt es in der Natur immer wieder vor, dass sich ungleiche Arten paaren. Pferd und Esel gleich Muli. Kennt jeder. Bereits in den 80er Jahren beobachteten Forscher vor der Küste Grönlands einen Hybrid aus Narwal und Beluga. Inzwischen wurden auch Mischformen von Seehunden entdeckt. Über 20 Gesichtete sind sicher. Die Häufung führt zu Problemen, kann „die arktische Biodiversität bedrohen“, so Arnold.
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Alarmierend sei die rasante Entwicklung. Für neue Arten fehle die notwendige Zeit für eine genetische Anpassung. Arnold nennt als Beispiel die Stockenten, die um 1860 nach Neuseeland kamen und sich mit den heimischen Augenbrauenenten paarten. Das Ergebnis: Heute gibt es kaum noch genetisch reine Populationen von Augenbrauenenten.
„Die notwendige Anpassung setzt eine stärkere Präsenz neuer Gene voraus, die ein Tier fitter für neue klimatische Umgebungen machen als die alten Gene“, hat der Meeressäuger-Experte Brendan Kelly von der National Science Foundation der Vereinigten Staaten herausgefunden. Kelly befürchtet, dass Tiere wie Wale, Robben und Eisbären keine Chance haben, sich diesem Wandel rasch genug anzupassen.
Pizzly schwimmt und klettert schlecht
Umgekehrt ist es auch schwierig. Ganz abgesehen davon, dass Mischlinge nicht selten unfruchtbar sind, haben sie teilweise auch Probleme zu überleben.
So haben Wissenschaftler herausgefunden, dass ein Pizzly – die Mischung aus Grizzly und Eisbär – zwar das für Eisbären typische Verhalten bei der Robbenjagd zeigt. Aber: Der Mischling konnte bei weitem nicht so gut schwimmen wie sein „reinrassiger“ Bruder. Er hat aber auch nicht die Kletterfähigkeiten eines Braunbären. Beides schlecht, wenn der Magen knurrt.
Nur noch etwa 25 000 Raubtiere in der nördlichen Polarregion
Wie viele dieser zotteligen Mischwesen inzwischen die Arktis durchstreifen, ist unbekannt. Bisher wurden in dem riesigen Gebiet nur einzelne gesichtet. Allerdings wirft eine Bärin immer mehrere Junge. Zu befürchten ist, dass inzwischen zahlreiche Geschwister über das Eis stampfen und nicht nur Fisch und Robbe, sondern auch potenzielle Paarungspartner suchen. Von daher sei die Zukunft des Eisbären, wie wir ihn noch kennen, gefährdet. Der große Weiße steht bereits auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tiere.
Nur noch etwa 25 000 Raubtiere sollen heute in der nördlichen Polarregion leben. „Sollten Eisbären den Klimawandel überstehen, dürfte die Hybridisierung sie ausrotten“, prognostiziert Brendan Kelly.