Essen. . Der Bundesrat fordert ein Verbot für Wildtiere. Es soll für Affen, Elefanten, Großbären und Nashörner gelten. Viele Zirkus-Leute sind empört. Tierschutz-Vertreter freuen sich. Noch ist nichts entschieden, denn es ist nicht der erste Versuch des Bundesrats, Tiere im Zirkus zu verbieten.

Statt durch die Savanne zu trotten, verbringt er unzählige Tage seines Lebens auf der Autobahn, um sich anschließend seine Laubäste mit Rüsselständen in der Manege zu verdienen. So sieht der Alltag eines Zirkuselefanten in Deutschland anno 2011 aus. Doch das könnte sich bald ändern. Der Bundesrat forderte gestern ein Haltungsverbot von Wildtieren im Zirkus. Das Verbot soll für Affen, Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörner und Flusspferde gelten. Löwen und Tiger bleiben zunächst ausgenommen.

Der Deutsche Tierschutzbund und andere Tierschutzorganisationen begrüßten den Entschluss. Die Zirkuslobby lehnt ihn strikt ab. Sie fordern anstelle eines Verbotes strengere Kontrollen der Branche und eine nachhaltigere Verfolgung von Mängeln. Ein weiteres Argument führte der Parlamentarische Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, Gerd Müller (CSU), an. Er verwies darauf, dass ein Wildtier-Verbot die Grundrechte von Zirkusbetreibern und Tiertrainern beeinträchtigen könnte. Es käme einem Berufsverbot für Dompteure gleich.

Bereits im Jahr 2003 ist der Bundesrat vorgeprescht

Bisher hat sich Deutschland mit der Entscheidung schwer getan. Bereits im Jahr 2003 ist der Bundesrat vorgeprescht, hat genau wie gestern ein Wildtierverbot gefordert. Doch ohne Erfolg. Die Bundesregierung sah es nicht als notwendig an, führte im Jahr 2008 lediglich ein ebenfalls von der Länderkammer 2003 verlangtes Zirkuszentralregister ein. Was aber kaum greift, weil die Registrierung, so berichtet der Deutsche Tierschutzbund, für die Zirkusunternehmen nicht verpflichtend ist.

Dennoch weht den Zirkussen mit Affe, Nilpferd & Co inzwischen ein heftiger Widerstand entgegen. In neun deutschen Kommunen von Potsdam bis Speyer haben die Stadträte bereits Verbote verhängt. Meist werden den Zirkussen dort keine Standortplätze auf städtischem Gelände vermietet. Die Argumentation ist häufig die gleiche. „Diese Tiere haben einen ausgeprägten Bewegungsdrang und ein hoch entwickeltes Sozialverhalten“, sagte der für den Tierschutz verantwortliche bayerische Umweltminister Marcel Huber (CSU). Flusspferde bräuchten beispielsweise ein ausreichend großes Badebecken. Dies könne in einem reisenden Zirkus kaum angeboten werden.

Roncalli arbeitet ohne Panther, Tiger und Giraffe

Nicht nur deutsche Kommunen blicken skeptisch auf die wilden Tiere. Nach Informationen des Tierschutzbundes haben bereits 13 europäische Staaten ein vollständiges oder teilweises Verbot von Wildtieren in Zirkussen erlassen.

Zudem gibt es Zirkusse, die freiwillig auf Tierdressuren verzichten. Roncalli zum Beispiel. Seit 35 Jahren arbeitet Bernhard Paul und seine Truppe ohne Panther, Tiger und Giraffe. Mit Erfolg. Durchschnittlich kommen 1500 Besucher täglich, 700 000 im Jahr, in die Vorstellungen, lassen sich einladen auf eine Reise in die Welt von Poesie und Akrobatik.

Roncalli hat ein neues Zeitalter eingeläutet. Die Unterwerfung der wilden Bestie in der Manege ist nicht mehr zeitgemäß. „Aber kostengünstig“, sagt ein Zirkus-Kenner. „Tiere sind preiswerte Arbeitskräfte, für sie brauch man keine Lohnnebenkosten oder Sozialversicherungen zahlen.“

Tiere sind sehr preiswerte Arbeitskräfte

Die Zeit hat sich geändert. Heute würde ja auch niemand mehr auf den Gedanken kommen, Behinderte, Kleinwüchsige oder „Neger“, wie noch vor 100 Jahren, im Zirkusrund vorzuführen.

Vielleicht bekommt der Elefant ja auch eine Chance: Und muss bald nicht mehr im Stau auf der Autobahn in einem zu kleinen Transporter ausharren.