Hamburg. Der Kommandant des gekaperten deutschen Frachters, Krzysztof Kotiuk, erzählt im Interview über ein viermonatiges Martyrium mit Scheinexekutionen sowie verheerenden hygienischen Zuständen an Bord des Schiffes und darüber, wie die Praten das Geld erhalten haben.
In der Gewalt der Piraten hat die Besatzung des inzwischen freigekommenen Frachters «Hansa Stavanger» nach Worten ihres Kapitäns Todesängste ausgestanden. An Bord sei es wiederholt zu Scheinexekutionen gekommen, sagte Krzysztof Kotiuk dem NDR: «Ich habe gedacht, das ist die letzte Minute in meinem Leben, ein schreckliches Gefühl.» Nach seinen Worten hat vor der Freilassung ein Flugzeug zwei Pakete mit Lösegeld abgeworfen.
Katastrophale hygienische Zustände
An Bord habe es katastrophale hygienische Zustände gegeben, sagte Kotiuk. Außerdem hätten die Krankheiten auch die Gesundheit der Besatzung bedroht: «Viele dieser Piraten hatten Wunden. Ich weiß nicht ob von anderen Kämpfen oder von den Krankheiten. Einige haben mir gezeigt, dass sie Syphilis hatten», sagte Kotiuk laut Vorabmeldung des NDR.
«Und diese Leute haben mit uns zusammen eine Toilette benutzt. Die Toilette auf der Brücke war für 40 Personen», fügte er hinzu. Außerdem habe es auf dem Schiff zu wenig Essen gegeben: «Wir haben so gespart und so wenig gegessen, dass ich 15 Kilo verloren habe, der 2. Offizier 18 Kilo.» Die Piraten seien sehr jung und gefährlich gewesen. «Es waren wilde Leute, viele junge Leute, Leute ohne Ausbildung, fast Kinder», sagte der Kapitän. Die Krankheiten der Piraten bedrohten auch die Gesundheit der Besatzung: »Viele dieser Piraten hatten Wunden. Einige haben mir gezeigt, dass sie Syphilis hatten. Und diese Leute haben mit uns zusamen eine Toilette benutzt. Die Toilette auf der Brücke war für 40 Personen.«
«Familie sollte Druck machen auf die Reederei»
Um später Druck auf die Reederei auszuüben, sei es dem Kapitän und der Besatzung aber erlaubt worden, nach Hause zu telefonieren: «Nur deswegen haben wir die Erlaubnis gekriegt, uns mit der Familie zu unterhalten. Die Familie sollte Druck machen auf die Reederei.» Die Geiselnahme hätte durchaus rascher beendet sein können, kritisierte er.
Nach dem Abwurf des Lösegelds hätten dann die Piraten die zwei Beutel an Bord gebracht. «Auf dem Tisch haben wir das Geld gezählt. Das ging ganz schnell.» Vorher seien rund 50 Piraten an Bord gekommen. «Der Kommandant der Piraten hat das Geld verteilt, für jeden persönlich. Und dann sind die Leute in Gruppen von sieben oder acht Leuten abgehauen nach Hause. Das war super organisiert», sagte Kotiuk der Mitteilung zufolge.
Nach vier Monaten in der Gewalt der Piraten waren das Containerschiff und seine 24 Besatzungsmitglieder am Samstag, von der Bundeswehr eskortiert, im Hafen von Mombasa eingetroffen. (ap)