Hannover. . Privates für jeden: Die ehemalige First Lady Bettina Wulff verewigt sich momentan fleißig in Illustrierten. Und es zeigt sich: Stilsicherheit macht sich an anderen Dingen fest als an der Frage, ob eine Frau am Oberarm tätowiert ist oder nicht. Experten werfen Bettina Wulff längst eine Inszenierungs-Kampagne vor.
Wer Bettina Wulffs Gefühlswelten entkommen will, der verlässt am besten erst einmal das Land, bis sich der Pulverdampf verzogen hat. Die ehemalige First Lady blättert ihr vermeintliches Seelenleben nicht nur in ihrem Buch „Jenseits des Protokolls“ auf. Die 38-Jährige befeuert den Verkauf seit Tagen mit einem Interviewmarathon über Tränen und Therapeuten, der mehr über sie sagt, als üble Gerüchte es könnten.
„Wir müssen stärker darauf achten, Dinge wieder ins Private zu ziehen“, hat die Öffentlichkeitssuchende jetzt dem „Stern“ erzählt. So viel Heuchelei hat nicht einmal ihr Mann Christian verdient, denn was bitte bleibt an Privatem noch ungesagt?
Bettina Wulff plaudert mit „Brigitte“, mit der „Gala“, mit „Bunte“; jeder bekommt seine Geschichte mit exklusiven Stückchen, den „Stern“ soll sie dem Vernehmen nach davon überzeugt haben, ihr Foto auf die Titelseite zu packen. Ihre Gesprächsrunden sind kein spontaner Befreiungsschlag, um den Druck endlich mal abzulassen, sondern die kühl kalkulierte Operation einer Geschäftsfrau.
Sucht nach Aufmerksamkeit
Ist es verboten, Interviewwünsche abzulehnen? Wer zwingt sie, über ihre Ehe samt Psychotherapie, ihre Zwänge und ihre unterdrückten Bedürfnisse in bunten Blättern auszupacken – wenn nicht die Sucht nach Aufmerksamkeit und der Sinn fürs Business? Eine Kombination, mit der man indes kaum Sympathiepunkte sammelt und die ihrem Ehemann im Übrigen zum Verhängnis wurde.
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Wäre es Christina Rau oder Eva Luise Köhler je in den Sinn gekommen, ihre persönlichen Befindlichkeiten zum Besten zu geben, obwohl auch sie nicht nur glückliche Augenblicke aus ihrer Zeit als Ehefrau des Bundespräsidenten in Erinnerung haben? Stilsicherheit macht sich an anderen Dingen fest als an der Frage, ob eine Frau am Oberarm tätowiert ist oder nicht.
Die Ruhe, die das Ehepaar Wulff nach diesen schweren Zeiten bräuchte, ist Bettina Wulffs Sache ganz offensichtlich nicht. Stattdessen gibt sie Spekulationen um den Zustand ihrer Beziehung Nahrung mit Sätzen wie „Ich habe zu lange nach den Terminplänen meines Mannes gelebt. Jetzt geht es um mich und meine Söhne“ (Bunte) oder „Ich werfe ihm manchmal vor, dass er mich ein großes Stück auch in die Rolle gedrängt hat. Und wenn ich es im Nachhinein betrachte, rächt sich dies auch in der Beziehung“ (Brigitte).
Inszenierungs-Kampagne
Experten werfen Bettina Wulff längst eine Inszenierungs-Kampagne vor. Klaus Kocks, Professor für Kommunikationsmanagement an der Hochschule Osnabrück, ätzte in einem Gespräch mit der Agentur dapd, ihre öffentlichen Vorstöße seien „PR-Kaspereien“. Mit Blick auf die gestreuten Gerüchte, sie habe einst bei einem Escortservice gearbeitet und ihre damit verbundene Klage gegen den Internetriesen Google, fügte er hinzu, sie sei „Opfer eines wirklich infamen Rufmordes, an dem sie sich nun auch noch zur Mittäterin macht“. Das Thema, darüber sind sich Kommunikationsprofis einig, sei längst keines mehr gewesen und darüber hinaus wahrscheinlich erst durch sie selbst einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden.
Rocksänger Campino wird immerhin über den „Stern“ nun erfahren, dass sich Bettina Wulff ein Wohnzimmerkonzert der Toten Hosen wünscht. Nicht nur an Tagen wie diesen haben die Musiker sicher Besseres vor.