Berlin. Für die Mobilfunk-Netzbetreiber war die SMS jahrelang ein lukratives Geschäft. Doch das ist zusehends gefährdet, seit immer mehr Programme es Handynutzern ermöglichen, Nachrichten über das Internet zu versenden. Die Netzbetreiber haben reagiert und Joyn erfunden - auf der IFA in Berlin wurde der Dienst vorgestellt. Wir erklären was der SMS-Nachfolger kann und kostet.

Die Zeiten, in denen wir ein Telefon nur zum Telefonieren benutzten, sind lange vorbei. Allerorten wird gesimst, gechattet, werden Daten versendet oder Videotelefonate geführt. Spätestens seit dem Siegeszug des Smartphones ist das Telefonieren nur noch eine von sehr vielen Möglichkeiten der Kommunikation.

Im vergangenen Jahr etwa jagten die Deutschen 41,3 Milliarden Kurznachrichten (SMS) durch die Netze, so viele wie nie zuvor. Für die Netzbetreiber war das jahrelang ein lukratives Geschäft, denn gerade die SMS bescherte hohe Umsätze, fast ohne zusätzlich Infrastruktur zu benötigen. Doch dieses Geschäft ist zusehends gefährdet, seit immer mehr Programme es den Handynutzern ermöglichen, Nachrichten über das Internet zu versenden. Wer zu seinem Tarif eine Internet-Flat gebucht hat, versendet diese kostenlos. Kein Wunder also, dass Dienste wie Skype, WhatsApp oder der Facebook Messenger immer populärer werden, keine andere App wird in Deutschland so häufig heruntergeladen und genutzt wie WhatsApp.

Nun wollen sich die Mobilunternehmen ein Stück von diesem Kuchen zurückholen: Die weltweite Industrievereinigung der Mobilfunkanbieter hat gemeinsam mit Handy-Herstellern einen gemeinsamen Standard mit dem sperrigen Namen Rich Communication Suite-enhanced entwickelt, den sie unter dem deutlich einfacheren Namen Joyn vermarktet.

Was kann Joyn? Was der SMS-Nachfolger kann und kostet 

Die Netzbetreiber preisen Joyn als wahre Wunderwaffe: Mit Joyn können Nutzer Nachrichten verschicken, chatten, Daten versenden und Videotelefonate führen. Wollen Sie während eines normalen Anrufes etwas zeigen, kann die Videofunktion auch zu einem laufenden Telefonat hinzugeschaltet werden. Außerdem können parallel zu einem Anruf Nachrichten oder Dateien verschickt werden.

Wie kommt Joyn aufs Telefon?

Bei neuen Telefonen soll Joyn künftig bereits vorinstalliert sein, für alle anderen kommt der Dienst per Applikation (App).

Funktioniert Joyn auf jedem Telefon?

Nein, es sollte schon ein Smartphone sein. Weil Joyn entweder tief im System installiert oder per App genutzt werden muss, funktioniert es auf älteren Handys nicht.

Wann startet Joyn?

Der Anbieter Vodafone hat den Dienst bereits gestartet, Kunden mit dem Android-Betriebssystem können die App herunterladen. Apps für Apple und Windows Phone sollen folgen. Die Telekom will spätestens im Dezember nachziehen, O2 folgt Anfang 2013. Lediglich E-Plus hält sich noch zurück und will zunächst abwarten, wie sich der Markt entwickelt.

Wie funktioniert Joyn?

Joyn integriert sich direkt ins Adressbuch des Telefons. Zu jedem Namen kommt eine Kontaktmöglichkeit für Joyn hinzu. Für den Nutzer soll sofort sichtbar sein, welche Kontaktmöglichkeiten es gibt. Ist beispielsweise die Internetverbindung des Kontakts schlecht, wird ein Videotelefonat gar nicht erst angeboten. „Wir nehmen dem Nutzer das Denken ab“, sagt Dirk Wende von der Telekom. Dazu passt auch die Nachrichtenfunktion: Hat der Empfänger Joyn, wird die Nachricht über diesen Weg versendet. Ansonsten bekommt er eine ganz normale Kurznachricht (SMS).

Was kostet es?

Das Tarifsystem ist, vorsichtig formuliert, nicht ganz unkompliziert. Im Wesentlichen aber gilt: Bei Vodafone und Telekom ist Joyn für Nutzer mit Internet-Flat weitgehend kostenlos. O2 gibt noch keine Einzelheiten bekannt.

Welche Vorteile gibt es gegenüber WhatsApp & Co?

Gar nicht so viele. Chatten, Nachrichten versenden oder Videotelefonate führen kann man auch mit bereits vorhandenen Diensten. Die Anbieter setzen deswegen vor allem auf zwei Vorteile: Joyn ist bequem nutzbar – weil bei neuen Geräten ohnehin vorinstalliert – und erfüllt die hohen deutschen Standards beim Datenschutz. „Außerdem ist es nicht werbefinanziert, Sie müssen also nicht damit rechnen, dass da auf einmal etwas kommt, was Sie nicht haben wollen“, erklärt Dirk Wende.

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... des Galaxy S III ist Standard: Kopfhörer, Lade- und USB-Kabel, Bedienungsanleitung. © Kai Kitschenberg/WAZ FotoPool
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„Mit Joyn bieten wir unseren Kunden einen Service, der einen echten Mehrwert bietet“, sagt Vodafone-Sprecher Dirk Ellenbeck. „Wir sind überzeugt, dass der Kunde sich durch die Möglichkeiten, die Joyn vor allem mit LTE hat, dafür entscheidet, Vodafone als Netzbetreiber zu wählen.“ LTE ist eine Mobilfunktechnik, die enorme Leistungsfähigkeit verspricht.