Essen/Karlsruhe. . Eine Zwangsräumung in Karlsruhe endete als Fiasko. Als die Polizei in die Wohnung eindrang, fand sie fünf Tote vor, darunter den Täter. Der 53-Jährige hatte die Tat offensichtlich geplant.

Es ist nichts anderes als eine Hinrichtung: Zwei seiner Opfer hat er gefesselt und durch Kopfschüsse getötet, den dritten Mann findet die Polizei vor einer Couch im Wohnzimmer liegend. Der hatte noch im letzten Moment versucht, dem 53-jährigen Täter die Waffe zu entreißen. Auch er wird durch mehrere Schüsse tödlich getroffen. Ein Drama, das seinesgleichen sucht. Ein Drama, das am Mittwochmorgen seinen Anfang nimmt, als ein Gerichtsvollzieher an der Tür der Dachwohnung in der Karlsruher Nordstadt klingelt, um sie zwangszuräumen.

Auf dem Weg zur Zwangsräumung

Acht Uhr ist es da. In der Nordstadt mit ihren ehemaligen Wohnungen für US-Soldaten beginnt gerade der ganz normale Alltag. Zusammen mit dem Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes und einem Sozialarbeiter hatte sich der Gerichtsvollzieher auf den Weg zu der Zwangsräumung gemacht. Die 55-jährige Wohnungseigentümerin war mit Zahlungen in Verzug geraten, die Eigentümer-Gemeinschaft hatte auf eine Zwangsversteigerung gedrängt. Nach mehrmaligen Klingeln wird ihnen auch geöffnet, doch dann eskaliert die Situation.

So soll der 53-Jährige die Männer gebeten haben, sich auf die Couch zu setzen. Als diese sich weigern – inzwischen ist auch der neue Wohnungseigentümer dazugestoßen –, holt er aus einem Nebenzimmer Waffen. Immer noch ist der Gerichtsvollzieher nicht bereit, sich hinzusetzen. Daraufhin schießt der Mann ihm zweimal ins Bein und zwingt den 33-jährigen Schlosser, die anderen mit Kabelbindern zu fesseln. Es kommt zu dem Handgemenge mit dem Schlosser, bei dem der Täter vier- bis fünfmal auf den Mann geschossen haben soll.

Über Stunden kein Kontakt zum Geiselnehmer

Was genau danach geschieht, ist noch unklar. Überraschenderweise lässt der Geiselnehmer jedoch den Sozialarbeiter frei, der um 8.55 Uhr die Polizei alarmiert und von einem Mann „mit Handgranaten und Maschinengewehr“ berichtet, der Geiseln genommen habe.

Wenig später ist ein Spezialeinsatzkommando vor Ort, wird das Gebiet großräumig evakuiert. „Über Stunden gelang es jedoch nicht, Kontakt zum Täter aufzunehmen“, sagt Polizeisprecher Jürgen Schöfer. Als gegen 12 Uhr mittags plötzlich Rauch aus der Wohnung aufgestiegen sei, habe man sich zum Zugriff entschlossen. Zunächst findet die Polizei die vier toten Männer, darunter auch den Geiselnehmer selbst.

Durch Bauchschuss getötet

Beim späteren Absuchen der Wohnung entdecken sie auch die im Bett liegende 55-jährige ehemalige Wohnungsinhaberin. Sie ist durch einen Bauchschuss getötet worden. Sich selbst schoss der Mann in den Kopf. Der Karlsruher Staatsanwalt Gunter Spitz spricht später von einem geplanten Mord, die Zwangsräumung habe die Existenz des arbeitslosen Mannes ins Wanken gebracht. Bei ihm werden außer dem Schrotgewehr ein weiteres Gewehr, zwei Pistolen und eine Übungshandgranate gefunden. Dass es sich bei dem Mann um einen Jäger handeln soll, kann die Polizei gestern nicht bestätigen.

Die Karlsruher Polizei war mit über 200 Beamten im Einsatz, evakuierte das Wohngebiet weiträumig, inklusive zweier Schulen und Kindergärten. Über Stunden kreiste ein Hubschrauber. Staatsanwalt Gunter Spitz versicherte später, es habe zuvor keinerlei Anhaltspunkte gegeben, dass es bei der Räumung gefährlich werden könnte.

Frau eines Opfers ist schwanger

Im niederrheinischen Schwalmtal hatte sich 2009 ein ähnliches Drama ereignet: Da erschoss ein 71-jähriger Mann zwei Anwälte und einen Gutachter, die das Haus seiner Tochter im Rahmen einer Scheidung schätzen wollten.

Winfried Kretschmann, der baden-württembergische Ministerpräsident zeigte sich schockiert: „Mein tiefstes Mitgefühl gilt den Angehörigen“. Der Gerichtsvollzieher und der Schlosser hinterlassen Frau und Kinder. Die Frau des 33-Jährigen ist schwanger.