Mülheim/Essen. . Florenc (19) aus Albanien erhielt im Uni-Klinikum Essen Organ seines Vaters transplantiert. In seinem Heimatland hatte er kaum eine Chance auf die lebensrettende Operation. Werner Helmich aus Mülheim machte sie in Deutschland möglich. Der Eingriff wurde über Spenden finanziert.

Florenc ist gerade 19 geworden und sieht aus, wie Jungs in dem Alter nun mal so aussehen. Die Hose trägt er locker, die Haare in die Stirn und etwas länger, manchmal packt er sie auch unter eine Kappe. Er bewegt sich stets mit der gebotenen Lässigkeit, in seinen Augen blitzt der Schalk, als ob er dir gerade was witziges auf Youtube zeigen möchte. Florenc ist aber nur optisch ein ganz normaler Junge aus der Nachbarschaft. Denn erstens wohnt er in Visoke in Albanien, zweitens hat er gerade eine harte Operation im Essener Universitätsklinikum hinter sich und drittens würde er vielleicht schon gar nicht mehr leben, wenn ihn nicht sein Vater gerettet hätte. Der hat Florenc eine Niere geschenkt. Eine Lebendspende fürs Weiterleben.

Werner Helmich (74) aus Mülheim kann die Geschichte von Anfang an erzählen. 1994 gründete er mit seiner Frau Hiltrud die Albanienhilfe, um ein Land zu unterstützen, das damals vollständig am Boden lag. Dutzende Male reist Helmich dort hin, zuletzt im vergangenen Mai, da besuchte er auch wieder den kleinen Ort Visoke und trifft auf Kujtim Sinanaj (47), den Vater von Florenc. Der nimmt den Mann aus Mülheim kurz zur Seite und erzählt ihm vom Leiden des Sohnes, vom Alport-Syndrom, eine vererbbare und äußert aggressive Nierenerkrankung.

Albanien ist nicht Teil der Stiftung Eurotransplant

Helmich nimmt sich der Sache an und den Jungen zur Untersuchung mit nach Deutschland. Im Universitätsklinikum checkt Dr. Thorsten Feldkamp den Patienten und kommt schnell zu der Einsicht, dass die besten Aussichten auf Rettung in einer Transplantation zu sehen sind.

Jetzt aber hat Florenc zunächst mal das Pech, dass er zwar Europäer ist, sein Heimatland aber nicht zu den sechs Staaten gehört, mit denen Deutschland sich zur Stiftung Eurotransplant zusammengeschlossen hat. Die Organisation führt in ihren Wartelisten etwa 15.000 Menschen, die auf eine Transplantation warten. Im Jahr 2010 wurden auch knapp 7000 Lebern, Herzen, Lungen, Nieren und Bauchspeicheldrüsen transplantiert. Florenc jedoch hat keine Chance, auf diese Liste zu kommen. Er ist im falschen Land geboren worden. Und in Albanien ist die Operation auch nicht machbar.

Der Vater spendet seine Niere

Als der Vater die Situation erfasst, entschließt er sich zur Spende einer Niere. Die Blutgruppen stimmen, andere medizinische Voraussetzungen auch, die Ethikkommission gibt ihr Einverständnis. Die Kommission prüft nicht nur, ob die Spende freiwillig ist, sie prüft auch, ob die physischen und psychischen Belastungen zumutbar sind. Sind sie. Am 27. Oktober des vergangenen Jahres führt Dr. Feldkamp die Operation durch. „Der 27. Oktober ist mein zweiter Geburtstag“, wird Florenc später sagen. Neben ihm haben im vergangen Jahr 154 Patienten im Essener Klinikum eine neue Niere erhalten, 41 von ihnen auch als Lebendspende. 500 Patienten warten noch. Nicht auf einen Termin, sondern auf das richtige Organ. Zwischen drei und sechs Jahren wird warten müssen, wer sich jetzt anmeldet.

Die Kosten für das Krankenhaus liegen bei 40.000 Euro. Dabei schafft es Helmich schon, die Kosten niedrig zu drücken. Die Familie wohnte vor und nach der OP bei Bekannten.

Kujtim Sinanaj ist Olivenbauer. Ein kleiner Betrieb. 800 Liter macht er in einer guten Saison, fünf Euro gibt’s für den Liter. Aber 2011 war kein gutes Jahr für Oliven. Die ungewöhnliche Hitze hat viel verdorren lassen, und dann fehlte bei der Ernte ja auch noch der Junge… Trotzdem schafft der Vater es, etwa 10.000 von den Nachbarn gesammelte und geliehene Euro mitzubringen. Helmich hat zugleich in Mülheim gesammelt, trotzdem reicht es noch nicht so ganz, einige Rechnungen der Klinik über die Nachbehandlungen stehen noch aus. Mal sehen, mal rechnen. Und um weitere Hilfe bitten.

Florenc darf wieder Sport machen - „bis auf Kickboxen“

Florenc hat jetzt gerade alle Nachuntersuchungen mit Erfolg bestanden. Er kann jetzt in Albanien versuchen, endlich sein Abitur zu machen. Sein Lebensziel ist klar: Er will Arzt werden. Ab sofort kann er auch wieder Sport machen (Dr. Feldkamp: „Eigentlich alle Sportarten, na ja, vielleicht nicht gerade Kickboxen)“, Florenc muss sich nur beim Alkohol und fettigem Essen zurückhalten, auch Tabletten wird er stets schlucken müssen. 15, vielleicht 20 Jahre wird die Niere des Vaters ihren Dienst im Körper des Sohnes tun. Was dann kommt, wird auch der medizinische Forschritt ergeben. Im Mai wird Florenc zu einer weiteren Nachuntersuchung nach Essen kommen. Nein, zu erkennen ist er nicht so leicht. Ein ganz normaler Junge von 19 eben. Mit einer ganz besonderen Geschichte.

Die Albanienhilfe hat ein Spendenkonto: 8929740004, BLZ 35060386, Volksbank Rhein-Ruhr, Stichtwort: Florenc.