Emden. Die Polizei in Emden hat einen 18-jährigen jungen Mann vorläufig festgenommen, teilte eine Sprecherin mit. DNA-Spuren hätten zu dem Verdächtigen geführt. Die elfjährige Lena war vor einer Woche tot aufgefunden worden. Unterdessen gibt es weiter Kritik an dem Umgang mit dem zwischenzeitlich verdächtigten 17-Jährigen.

Im Fall der getöteten elfjährigen Lena in Emden hat die Polizei am Samstag einen 18-Jährigen vorläufig festgenommen. Nachdem weitere Hinweise aus der Bevölkerung bei den Ermittlern eingegangen seien, habe sich der Verdacht gegen den jungen Mann konkretisiert, wie eine Polizeisprecherin in Emden mitteilte. Auch habe das Untersuchungsergebnis des Landeskriminalamtes bezüglich der am Tatort gesicherten DNS-Spuren den Tatverdacht gegen den 18-Jährigen untermauert.

Ob sich der Tatverdächtige bereits zu den Anschuldigungen geäußert hat, wollte die Polizeisprecherin nicht sagen. Auch machte sie keine Angaben dazu, ob der 18-Jährige aus Emden stamme. Weitere Informationen wollen die Staatsanwaltschaft Aurich und die Polizeiinspektion Leer/Emden am Sonntag bekannt geben.

Seit das Mädchen tot in einem Parkhaus in der ostfriesischen Stadt gefunden worden war, sind rund 300 Hinweise aus der Bevölkerung bei den Ermittlern eingegangen, wie eine Polizeisprecherin sagte.

Kritik an den Ermittlungsbehördern hält an

Indes wächst die Kritik an den Ermittlungsbehörden. "Polizei und Staatsanwaltschaft haben ein Interesse an einem raschen Fahndungserfolg", sagte der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Deshalb sind sie manchmal etwas voreilig und riskieren zu häufig einen zu schnellen Gang an die Öffentlichkeit." Uhl fügte hinzu: "Die Vorfälle zeigen wieder einmal, welche Kräfte im Internet frei gesetzt werden können. Die sind nicht immer zu begrüßen." Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte dem Blatt: "Ich bin sehr dafür, dass Leute, die zur Lynchjustiz aufrufen, unnachgiebig verfolgt werden."

Auch der Berliner Strafrechtsprofessor Martin Heger äußerte massive Kritik. Zwar sei es vermutlich korrekt gewesen, nach Würdigung der Indizien und Beweise den 17 Jahre alten Berufsschüler zu verhaften. "Aber die Staatsanwaltschaft ist mit den Sachverhalten zu offensiv an die Öffentlichkeit gegangen", sagte er der Zeitung "Die Welt" vom Samstag. Heger forderte die Staatsanwaltschaft auf, zur Rehabilitierung des zu Unrecht inhaftierten Jungen ebenso massiv an die Öffentlichkeit zu gehen.

Staatsanwalt Südbeck weist Vorwürfe zurück

Von gravierenden Fehlern hatte auch der Kriminologe Christian Pfeiffer gesprochen. Die Verdachtsmomente gegen den Jugendlichen seien dürftig gewesen, trotzdem habe ihn die Polizei öffentlich in Handschellen vorgeführt, sagte er . Eine aufgebrachte Menge von 50 Personen hatte sich am Dienstagabend vor dem Emder Polizeirevier versammelt, um es zu stürmen und den zu diesem Zeitpunkt Verdächtigen zu lynchen. Zu der Tat war vorher im sozialen Netzwerk Facebook aufgerufen worden. Südbeck wies die Kritik an den Ermittlungsbehörden zurück. Polizei und Staatsanwaltschaft hätten "zu jeder Zeit richtig gehandelt", sagte er.

Ein in dem Mordfall am Dienstagabend festgenommener 17-Jähriger war am Freitag wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Er ist laut Polizei und Staatsanwaltschaft unschuldig. Nach den Hetzaufrufen im Internet befindet sich der junge Mann in polizeilicher Obhut.

Verfahren gegen 18-Jährigen wegen Aufruf zur Hetzjagd

Oberstaatsanwalt Bernard Südbeck kündigte an, Hetzaufrufen generell entgegen zu treten und die Täter zu verfolgen. Gegen einen 18-Jährigen wurde bereits ein Verfahren eingeleitet, sagte er in der NDR Sendung "Hallo Niedersachsen".

Laut Südbeck ist für die Sicherheit des 17-Jährigen gesorgt. Die Indizien, die anfangs gegen ihn gesprochen hätten, seien durch Fakten widerlegt worden. Er sei nach wie vor sehr zuversichtlich, dass der Täter des Morddelikts auch gefasst werde. Welche konkreten Ermittlungsergebnisse den zuvor dringenden Verdacht gegen den 17-Jährigen entkräfteten, wollten die Behörden aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mitteilen.

Lena war am Freitag auf dem städtischen Friedhof in Emden im engsten Familienkreis beigesetzt worden. An der Aufklärung des Falls arbeitet eine 40-köpfige Mordkommission. (dapd)