Emden. Überraschende Wende bei den Ermittlungen nach dem Mord an einer Elfjährigen in Emden: Der festgenommene 17-Jährige ist wieder auf freiem Fuß. Es sei auszuschließen, dass er der Täter ist, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Der junge Mann war nach einer Zeugenaussage ins Visier geraten.
Der nach einem Sexualmord an einer Elfjährigen in Emden festgenommene 17-jährige Berufsschüler ist nicht der Täter. Das teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag im niedersächsischen Emden mit. Aufgrund neuer Ermittlungsergebnisse stehe fest, dass er als Täter auszuschließen sei. Eine Amtsrichterin habe auf Antrag der Staatsanwaltschaft inzwischen bereits den Haftbefehl gegen den Mann aufgehoben. Er sei am Freitag entlassen worden. "Die Mordkommission arbeitet weiterhin mit 40 Beamten an dem Fall", erklärten Polizei und Staatsanwaltschaft weiter.
Der Jugendliche befinde sich in polizeilicher Betreuung, sagte eine
Polizeisprecherin auf dapd-Anfrage. Eine weitere Festnahme habe es noch nicht
gegeben. Nähere Angaben zu den entlastenden Beweisen wollte die Sprecherin nicht
machen. Auch ist unbekannt, wo sich der 17-Jährige derzeit befindet.
Gegen den Jugendlichen lagen nur Indizien vor
Der 17-Jährige war am Dienstagabend nach dem Hinweis einer Zeugin festgenommen worden, am folgenden Tag erließ ein Richter Haftbefehl wegen Mordverdachts. Die Ermittler hatten allerdings betont, dass es sich um einen Verdächtigen handle, gegen den nur "Indizien" vorlägen. Die Elfjährige war am Samstag in einem Parkhaus in der Emder Innenstadt getötet worden. Die Ermittler gehen von einem Sexualdelikt aus.
Die Elfjährige war am Samstag in einem Parkhaus in der Innenstadt von Emden getötet worden. Die Ermittler gehen von einem Sexualdelikt aus. Der 17-Jährige war durch die Aussage einer Zeugin ins Visier geraten. Demnach hatte er sich "auffällig" verhalten und passte zu der Beschreibung eines möglichen Verdächtigen, den die Polizei auf Aufnahmen von Überwachungskameras entdeckt hatte. Am Mittwochabend erließ das Emdener Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftbefehl wegen Mordverdachts gegen den Jugendlichen.
Aufrufe zur "Lynchjustiz" im Emden
Das Verbrechen sorgt in Emden für enorme Empörung. Nach der Festnahme des 17-Jährigen hätten 50 aufgebrachte Menschen stundenlang vor dem Polizeirevier ausgeharrt, sagte Martin Lammers, Vizechef der Polizeiinspektion Leer/Emden, am Donnerstag. Dabei seien Stimmen laut geworden, "die sich nur als Aufruf zur Lynchjustiz deuten lassen". Die Polizei werde mit "aller strafrechtlichen Härte" gegen Beteiligte vorgehen. Er kritisierte die Stimmung in der Stadt. Im Internet seien mehrfach Menschen mit Namen und Adressen als angebliche Täter denunziert worden. Die Vorgänge hätten die Ermittlungsarbeit "immens gestört".
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußerte sich entsetzt. Aufrufe zur Lynchjustiz seien "äußerst besorgniserregend", erklärte GdP-Bundesvorsitzender Bernhard Witthaut in Berlin. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Polizei über Stunden von einer aufgebrachten Menschenmenge bei der Arbeit gestört werde.
Die am vergangenen Samstag in einem Emder Parkhaus ermordete Lena sollte am
Freitagmittag auf einem städtischen Friedhof der rund 52.000 Einwohner zählenden
Stadt im engsten Familienkreis beigesetzt werden. Die Polizei nannte weiterhin
keine Details zu den Todesumständen des Mädchens. (dapd/afp)