Essen. . Nach dem Gasunfall auf der Plattform in der Nordsee bereitet der Energiekonzern Total zwei Entlastungsbohrungen vor. Parallel dazu solle das undichte Bohrloch gestopft werden. Außerdem soll wegen der Explosionsgefahr die immer noch brennende Gasfackel auf der Plattform gelöscht werden.
Tagelang hatte der französische Energiekonzern Total behauptet, die brennende Gasfackel auf der havarierten Förderinsel „Elgin“ stelle kein Risiko dar. Der Wind wehe das austretende und explosive Gas von der offenen Flamme fort.
Diese Einschätzung scheint nicht mehr zu gelten. Denn Total sucht nun nach Wegen, die Fackel zu löschen. Zu den möglichen Szenarien gehört der Einsatz eines Hubschraubers, der über der Fackel eine Ladung Wasser abwerfen soll. Auch Löschschiffe mit ihren weit reichenden Wasserkanonen könnten die Fackel ausschießen. Selbst an den Einsatz von Stickstoff wird gedacht, um das offene Feuer zu ersticken.
Entzünden der Fackel bei der Evakuierung ist laut Total übliche Prozedur
Zugleich beteuert Total, das Entzünden der Fackel gehöre zur üblichen Evakuierungs-Prozedur, um Druck aus den Rohrsystemen abzulassen. Sie könne aber nicht ferngesteuert wieder abgeschaltet werden. Die Flamme befindet sich nur etwa 100 Meter von der Gasquelle entfernt, aus der seit Sonntag unkontrolliert große Mengen brennbares und giftiges Gas austreten. Im Kampf gegen das Leck ist der Konzern indes offenbar einen Schritt voran gekommen.
Leitung könnte durch extremen Druck korrodiert sein
Die Gasquelle liegt nach Informationen des Konzerns in einer Gesteinsschicht in etwa vier Kilometern Tiefe unter dem Meeresgrund und damit etwa tausend Meter über der Gaslagerstätte. Die Leitung könnte durch den extremen Druck, die hohen Temperaturen und die aggressiven Bestandteile des Gases korrodiert und durchlässig geworden sein, vermuten Experten. Durch das Bohrloch steigt das Gas in die Höhe. Es tritt nach letzten Angaben erst über dem Wasserspiegel aus, also auf der Plattform am Kopf der Bohrung, und legt sich zum Teil als Kondensat auf dem Meer ab.
Offenbar erleichtert dies nicht unbedingt die Abdichtung des Lecks. Immer noch werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert. Total bereitet zwei Entlastungsbohrungen vor, parallel dazu soll das Bohrloch mit einem Schlammpfropfen verstopft werden.
Umweltschützer fordern Konsequenzen
„Man muss endlich Lehren aus solchen Unfällen ziehen“, sagt Jörg Feddern, Energie-Experte bei Greenpeace, dieser Zeitung. Kontrollen und Notfallpläne müssten verschärft werden. Auch die Europäischen Union fordert bereits Konsequenzen. Wie lange es dauern kann, bis Total die Lage in den Griff bekommt, ist offen. BP benötigte vier Monate, um das vor zwei Jahren außer Kontrolle geratene Bohrloch der „Deepwater Horizon“ vor der US-Küste abzudichten.