Essen. . Die eine Casting-Show mit B-Prominenz ist noch nicht zu Ende, da kündigt sich auf RTL die nächste an: Gitte Haenning ist Star der RTL-Sause „Let’s Dance“. Los geht’s im März.

„Das ganze Leben ist ein Quiz“, befand Hape Kerkeling in den 90ern, und er hatte Recht, damals. Allein, die Zeiten haben sich geändert. Heutzutage ist das ganze Leben eine Casting-Show. Während noch etliche Gesangstalente um ihre Chance kämpfen, Show-Versager im „Dschungelcamp“ geknechtet werden, wirft schon der nächste TV-Wettbewerb seine Schatten voraus: Im März startet RTL „Let’s Dance“. Auch diese B-Promi-Sause braucht wenigstens ein bekanntes Gesicht: Gitte Haenning.

Die dänische Sängerin gehört seit mehr als fünf Jahrzehnten zum Inventar der deutschen Schlagerwelt. Bereits 1959, da war sie 13, trällierte die quirlige Blonde mit den blauen Kulleraugen: „Keine Schule morgen“. Vier Jahre später, 1963, kam die Tochter eines Gesangslehrers endgültig in den Herzen des deutschen Publikums an, als die 17-jährige Göre keck bekannte: „Ich will ‘nen Cowboy als Mann“. Das Echo auf die Botschaft war zwiespältig: Cowboys galten mancherorts als nicht gesellschaftsfähig. Gitte: „In dem Lied geht es ja gerade darum, dass ich keinen Beamten oder Arbeiter will, sondern einen Cowboy. Diese Hierarchie kannte ich nicht aus Dänemark. Dort ging man mit einem Bühnentechniker genauso kultiviert um wie mit einem Regisseur. Das war in Deutschland nicht der Fall und hat mir weh getan.“

Duette mit Rex Gildo

Gittes nächste Single wurde ebenfalls eine Nr. 1: „Vom Stadtpark die Laternen“ hieß das Duett, es war das erste von insgesamt sieben mit ihrem Kollegen Rex Gildo – eine Bühnen-Partnerschaft.

Im wirklichen Leben liebte Gitte zeitweilig Jazzmusiker Nils-Henning Örsted-Pedersen, der lange Jahre den Bass für den Star-Pianisten Oscar Peterson zupfte. Doch einen Mann fürs Leben, mit oder ohne Trauschein. fand sie nie.

Der Schlüssel dafür lag möglicherweise in einem Song, der wie ein Lebensbekenntnis wirkt: „Ich will alles“, röhrte Gitte 1982, „und zwar sofort.“ Obwohl die Single nie über Platz 42 der Hitlisten hinauskam, wurde das Stück wie nur wenige andere mit der Sängerin verbunden.

Der richtige Song zur richtigen Zeit

Mehr noch: Die Zeile ging als geflügeltes Wort in den deutschen Sprachschatz ein – das schönste Schicksal, das einem Lied widerfahren kann. Es war der richtige Song zur richtigen Zeit. Gitte war Anfang der 80er ein Kunststück gelungen, was viele ihrer Schlager-Kollegen vermasselt hatten. Die Entertainerin hatte dem naiven Tralala das gegeben, was ihm zuvor fehlte: Bedeutsamkeit, verpackt in griffige Texte. Gittes Zeilen strotzten vor weiblichem Selbstbewusstsein. Sie legte ihr Kleinmädchen-Image ab. Seither tritt sie mit vollem Namen auf. Ihre Rechnung ging zunächst auf. Ihr 83er Album „Berührungen“ wurde vergoldet – für sie eine Premiere.

Zugleich neigte sich ausgerechnet mit dieser Scheibe die beste Zeit der Vielharmonikerin ihrem Ende entgegen – ein Jahrzehnt, das ihr nicht weniger als vier Personality-Shows im deutschen Fernsehen beschert hatte und einen Auftritt beim Eurovision Song Contest, der damals, 1973, noch als Grand Prix Eurovision de la Chanson firmierte. Gitte trällerte „Junger Tag“ für Deutschland. Immerhin, sie wurde Achte.

Drei Nordfrauen singen von der Jugend

Die Zeit ihrer größten Erfolge feierte vor kurzem fröhliche Auferstehung, als Gitte mit ihren skandinavischen Kolleginnen Wencke Myhre und Siw Malmkvist zur Nostalgie-Show bat. Mit Erfolg: Drei Jahre lang, von 2004 bis 2007, zehrte das Trio von den Erinnnerungen an ihre Jugend. Zwischenzeitlich machte Gitte Haenning immer wieder klar, wofür ihr Herz wirklich schlägt: für Jazz und Blues.

Ob die 65-Jährige in ihrem Leben alles erreicht hat, lässt sie offen: „Jede Zeit hat ihren Reiz. Für mich ist noch so viel zu tun.“ Beispielsweise zu tanzen. Eine Voraussetzung erfüllt die Weltenbummlerin: Sie hat Takt-Gefühl.