Washington. Chelsea Clinton ruht sich nicht darauf aus, Tochter des ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton und er amtierenden US-Außenministerin Hillary Clinton zu sein. Während die Politikertochter früher versuchte, jeder Kamera auszuweichen, zieht es sie nun davor – als Journalistin.

Seit sie zwölf war, seit ihr Vater Bill zum ersten Mal Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wurde, hat Chelsea Clinton einen weiten Bogen um jede Fernsehkamera gemacht. So gut es eben ging. Seit Montagabend steht sie selbst davor.

Als Sonder-Korrespondentin für die renommierte Nachrichten-Magazin-Sendung „NBC Nightly News” gab die Tochter von US-Außenministerin Hillary Clinton bei Moderatoren-Legende Brian Williams ihr Debüt auf dem nationalen journalistischen Präsentierteller. Mit einer Reportage, wie sie Amerika liebt und in Zeiten des zerfallenden Gemeinschaftsgefühls wohl auch gebrauchen kann: Eine ehrenamtliche Helferin, Annette Dove, ist in Pine Bluff in Clintons Heimatstaat Arkansas benachteiligten Jugendlichen von früh bis spät auf eigene Kosten eine Ersatzmutter, Erziehungsberechtigte und Vertrauensperson.

Die 31-Jährige begibt sich damit endgültig in jene breite Öffentlichkeit, die abseits einer Zahnspange nicht viel mehr von der „First Daughter“ erinnert als das: eine sichtlich erschütterte 18-Jährige, die an dem Tag, als Bill Clinton seiner Frau die Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky eingestand, im Garten des Weißen Hauses als lebendes Bindeglied zwischen ihren Eltern fungierte. „Chelsea wirkte wie eine Kämpferin, gewillt, die Ehe der Eltern nicht in die Brüche gehen zu lassen”, beschreibt der Journalist Carl Bernstein die Szene, als Mutter, Tochter, Vater in genau dieser Reihenfolge sich fest an den Händen haltend zum Helikopter gingen.

Wird Chelsea Clinton versuchen, US-Präsidentin zu werden?

Seither zerbrachen sich Beobachter und Hobby-Psychologen den Kopf darüber, welche Spuren die Affäre in der Psyche von Chelsea Clinton hinterlassen haben mag. Heute eine attraktive, in sich ruhende Frau, über die der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain einmal öffentlich einen unangebracht dämlichen Macho-Spruch zum Besten gab: „Warum ist Chelsea Clinton so hässlich? Weil Janet Reno ihr Vater ist.” Janet Reno, so viel dazu, war Justizministerin unter Bill Clinton.

Der Neugier der Medien hat die Vegetarierin, deren Yorkshire-Terrier nach dem Philosophen Kierkegaard auf den Namen „Sören“ hört, bis zuletzt ein freundliches, aber bestimmtes Nein entgegen gehalten. Und stattdessen behutsam an einem eigenen Leben gebastelt. Drei an renommierten Universitäten abgeschlossene Studien in Geschichte, öffentlicher Gesundheitsvorsorge und Wirtschaft sowie mehrere Ausflüge in die Geschäftswelt zwischen McKinsey und Wall Street haben die junge Frau zu einer „intellektuell solide versorgten Gesprächspartnerin” reifen lassen, heißt es in Washingtoner Denk-Fabriken. Eine Idee davon bekam man im Präsidentenwahlkampf, als Chelsea im Ringen um die demokratische Kandidatur ihrer Mutter Hillary eine Hilfe war.

Auch darum ebben die Spekulationen nicht ab, dass sie einmal selbst versucht sein könnte, einmal Präsidentin zu werden. Die Disziplin ihrer Mutter und der dynamische Wille ihres Vater, sagen Sympathisanten, könnten ihr dabei behilflich sein.

Erfreulich unkitschiges, solides Fernsehen

Das Sendeformat, in dem sich die seit 2010 mit dem jüdischen Banker Mark Mezvinsky verheiratete Methodistin versucht, lässt aufhorchen. „Making a Difference“, so viel wie „Einen Unterschied machen”, präsentiert in loser Reihenfolge Menschen, die durch freiwilliges Engagement das Leben anderer verändern. Zum Guten.

Beobachter, die über die Personalia die Nase rümpften und NBC Klientelpolitik vorwarfen, dürften nach der Premiere wenig Kritikpunkte gefunden haben. Solides Fernsehen, erfreulich unkitschig, präzise Begleitung durch eine Beobachterin, die hinschaut. Und hinter der Story steht, nicht davor. Drei Monate Probezeit hat NBC mit dem prominenten Neuzugang vereinbart. Kürzer reichte auch.