Washington. Der Ex-Präsident hat im Wahlkampf viel riskiert und viel verspielt. Sein Traum von der Ko-Präsidentschaft mit Hillary ist geplatzt.
Er hatte sich ins Zeug gelegt, als wollte er selbst noch etwas werden. Bill Clinton war der eifrigste Wahlhelfer seiner Frau Hillary, die Aussicht auf eine Rückkehr ins Weiße Haus an ihrer Seite schien ihn zu beflügeln. Dafür hat der Ex-Präsident im Wahlkampf viel riskiert - und viel verloren. Sein Ansehen litt durch ungeschickte Auftritte, der staatsmännische Nimbus des einstmals hochpopulären Präsidenten ist angekratzt. Als Barack Obama in seiner Siegesansprache am Dienstag Bill Clintons Namen erwähnte, mischten sich wütende Buh-Rufe unter den Beifall des Publikums. Das renomierte Magazin «Newsweek» erklärte Clinton zur «tragischsten Figur des Wahlkampfs 2008».
Mehr Last als Hilfe
Die Arbeitsteilung des Power-Paars im Wahlkampf hat nicht richtig funktioniert. Hatte es zum Kampagnenauftakt vor einem Jahr noch so ausgesehen, als ob Bill der Kandidatin mit seinem Charisma etwas mehr Glanz verleihen könnte, war er zuletzt eher eine Last. Mit bösen Tiraden gegen ihren Konkurrenten Obama trug er sich den Verdacht ein, auf rassistische Vorbehalte unter weißen Wählern zu setzen. In das Wahlkampfteam seiner Frau ließ er sich nicht einbinden, immer wieder überraschte er mit eigenmächtigen Initiativen. «Er handelt unvorhersehbar und ist fast nicht zu kontrollieren», klagte ein anonymer Hillary-Mitarbeiter in der «New York Times».
Bill Clinton scheitert an der neuen Art des Wahlkampfes
Manchmal schien es, als sei Bill Clinton nach sieben Jahren Politikabstinenz der vormals legendäre Instinkt für Wählerstimmungen verloren gegangen. «Er wirkte wie ein Fisch auf dem Trockenen», urteilt Politik-Professor Dennis Goldfarb von der Drake-Universität in Iowa. «Er hatte es nun eben mit einer völlig neuen Rund-um-die-Uhr-Politik zu tun.» Jedes Wort, jeder öffentliche Auftritt des Ex-Präsidenten wurde von Zuschauern mit Handy-Kameras aufgenommen und ins Internet gestellt. Diese Art der allgegenwärtigen Öffentlichkeit kannte Clinton nicht aus seinen erfolgreichen Wahlkämpfen in den 90er Jahren.
In den Aufnahmen bekam das Publikum einen ergrauten Herrn zu sehen, der sich mit rot angelaufenem Kopf und fuchtelndem Zeigefinger über Hillarys Gegner und über die Medien mokierte. Für Hillarys Kampagne waren die Auftritte keine Zier. Noch am Montag musste sich ihr Team offiziell dafür entschuldigen, dass Bill einen kritischen Journalisten als «schleimigen und schäbigen Typen» geschmäht hatte. Bills hitzige Darbietungen wurden fast zum Sinnbild einer Kandidatur, die aus dem Gleichgewicht geraten war. Seine Interventionen seien «ziemlich besorgniserregend», kritisierte Obama im Januar. «Manchmal weiß ich gar nicht, gegen wen ich eigentlich antrete.»
Verbannung in die Provinz
Vielleicht war der Rollenwechsel auch für einen politischen Anpassungskünstler wie Bill Clinton einfach zu groß: Wer acht Jahre im mächtigsten Amt der Welt im verbrachte, hört womöglich nicht gerne auf die Anweisungen anderer. In den letzten Wochen wurde Bill Clinton dann fast nur noch zu Auftritten in Kleinstädte entsandt. Spötter sprachen von einer Verbannung in die Provinz, wo er nicht viel Schaden anrichten könne. Seine Umfragewerte näherten sich dem Tiefpunkt, den sie im Sommer 1998, auf dem Höhepunkt des Skandals um seine Affäre mit der Praktikantin Monica Lewinsky, erreicht hatten. 51 Prozent hatten in einer ABC-Umfrage vom April eine schlechte Meinung von ihm.
Hillary Clintons Biografen Jeff Gerth und Don Van Natta zufolge war ihre Kandidatur der Schlussakt eines von langer Hand geplanten Karriere-Pakts: acht Jahre im Weiße Haus für ihn, dann acht Jahre für sie. Dieser Traum ist nun geplatzt - vorerst jedenfalls: In einem Interview mit dem Magazin «People» machte sich Clinton kürzlich nicht ganz im Ernst Gedanken über eine mögliche Präsidentschaftskandidatur seiner Tochter Chelsea. Im Wahlkampf für ihre Mutter habe sich die 28-Jährige bewährt: «Sie ist richtig gut darin», lobte Vater Clinton. (afp)