Washington. . US-Soldat Peter Woken wurde mit einer Medaille ausgezeichnet, weil er den Deutschen Tim Focken in Afghanistan rettete.
Waffenbrüderschaft ist ein schwieriges Wort, gerade für Deutsche. Aber es gibt sie: Tim Focken und Peter Woken begegnen sich zum ersten Mal vor 14 Monaten. In Afghanistan. Unter extremsten Bedingungen.
Der deutsche Oberstabsgefreite der Fallschirmjäger-Brigade Zweibrücken gerät am 17. Oktober 2010 mit seiner Patrouille in der Nähe von Kundus in einen Hinterhalt. Taliban-Kämpfer nehmen den Bundeswehr-Konvoi unter schweres Feuer. Focken wird an der Schulter lebensgefährlich verletzt. In dieser Notlage kann die Bundeswehr sich mangels eigenem Fluggerät selber nicht helfen. Sie muss einen amerikanischen Blackhawk-Hubschrauber anfordern, die so genannten Medevacs. Sie haben Mediziner und Notfallausrüstung an Bord und können Verletzte auch aus aktiven Kampfzonen retten.
An jenem Herbsttag sitzt Peter Woken am Steuerknüppel eines dieser Medevacs. Ein erfahrener Pilot, der im Irak und in Afghanistan bereit über 400 Soldaten aus brenzligsten Situationen herausgeholt hat. Im ersten Versuch misslingt der Landeversuch. Die Taliban feuern auf die Lebensretter. Im zweiten Anflug hat der Vater zweier Söhne Glück. Focken wird im laufenden Gefecht gerettet, ausgeflogen und – überlebt.
Erinnerungen werden wach
All diese Szenen wurden am Donnerstagsabend in der Residenz des Deutschen Botschafters in Washington wieder wach, als sich Woken und Focken mit feuchten Augen herzlich umarmten. Der eine, dessen linker Arm noch immer Spuren der Verwundung zeigt, aus tiefer Dankbarkeit. Der andere aus dem Gefühl heraus, überlebenswichtig gewesen zu sein.
Als Anerkennung für Wogens tapferes Eingreifen unter Einsatz des eigenen Lebens zeichnete Botschafter Peter Ammon den US-Staff-Sergeant mit der „Einsatzmedaille Gefecht“ aus. Mit der vor einem Jahr neu gestifteten und von Ex-Verteidigungsminister Guttenberg zum ersten Mal vergebenen Ehrung sollen Soldaten bedacht werden, die aktiv an Gefechten teilgenommen haben oder terroristische oder militärische Gewalt unter hoher persönlicher Gefährdung erlitten haben.
Auszeichnung der deutschen Streitkräfte
Mit Woken erhielt zum ersten Mal ein US-Soldat auf amerikanischem Boden die Auszeichnung der deutschen Streitkräfte. Botschafter Ammon würdigte im Beisein von Generalleutnant Bruno Kasdorf und dem amerikanischen 4-Sterne-General Peter Chiarelli in seiner Rede die Rettungsaktion als Ausdruck der besonderen Qualität der langjährigen Partnerschaft beider Länder.
Peter Woken (36), der seine Familie dabei hatte, sagte in einer bewegenden Rede, dass er für jeden anderen Soldaten in Afghanistan den gleichen Einsatz gezeigt hätte. „Wir sprechen unterschiedliche Sprache, wir tragen unterschiedliche Uniformen, aber im Gefecht sind Deutsche und Amerikaner ein Team und nur gemeinsam können wir im Gefecht bestehen“, fügte er hinzu.
Truppenabzug aus Afghanistan
Woken schenkte dem Deutschen einen texanischen Stetson-Hut als Erinnerung. Focken revanchierte sich mit einem bordeaux-farbenen Fallschirmjäger-Barett.
Fockens Fall bekommt durch die FDP-Bundeswehr-Expertin Elke Hoff zusätzlichen Stellenwert. Hoff wies darauf hin, dass im Zuge des umfassenden internationalen Truppenabbaus in Afghanistan im nächsten Jahr auch die besagten Medevac-Hubschrauber vom Typ Blackhawk, die Tim Focken das Leben retteten, aus Nordafghanistan abgezogen werden sollen.
Da die Bundeswehr kein eigenes Fluggerät mit entsprechenden Fähigkeiten besitzt, sei die Notfall-Versorgung von Bundeswehrsoldaten nicht mehr gewährleistet, sagte Hoff. Einer Verlängerung des Afghanistan-Mandats, wie es dem Bundestag im Januar abverlangt wird, könne sie unter diesen Umständen kaum zustimmen.
Tim Focken und Peter Wogen würden es verstehen.