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Sie wurde vergewaltigt, vorgeworfen wurde ihr Ehebruch und sie landete im Gefängnis: Der Fall der Afghanin – bekannt unter dem Namen „Gulnaz“ – sorgt international für Aufsehen. Nun hat Präsident Karsai die junge Frau begnadigt. Damit gab er dem Druck einer Petition mit 5000 Unterschriften nach. Für Gulnaz ist damit das Drama noch längst nicht ausgestanden, denn offenbar wird sie nun ihren Peiniger heiraten.

In Afghanistan ist außerehelicher Sex verboten. Werden die Beteiligten erwischt, kommen sie meist in Haft. Ob Gewalt dabei im Spiel war, spielt vor allem in der Provinz keine Rolle. So erging es Gulnaz: Als sie 18 war, überfiel sie im eigenen Haus ihr verheirateter Cousin und vergewaltigte sie. Als sich ihre Schwangerschaft bemerkbar machte, wurde sie zu zwölf Jahren Haft verurteilt, ihr Vergewaltiger bekam sieben Jahre.

5000 Unterschriften nach Video bei YouTube

Bekannt wurde der Fall, nachdem die Europäische Union einen Dokumentarfilm über den Umgang der afghanischen Justiz mit weiblichen Gewaltopfern auf Eis gelegt hatte. Die Filmemacherin durfte die Dokumentation über Gulnaz und andere Frauen im Gefängnis nicht zeigen – mit der Begründung, das Leben der Frauen sei durch die Ausstrahlung gefährdet. Kritiker vermuteten aber, Europa wolle Ärger mit den afghanischen Behörden vermeiden.

Wie auch immer: Die Auseinandersetzung über den Film machte Gulnaz bekannt. Über das Internet fanden sich schnell die 5000 Unterschriften. Obendrein ist ein Video bei YouTube zu sehen, in dem die heute 21-Jährige mit ihrem Kleinkind auf dem Schoß erzählt, wie ihr das Angebot gemacht wurde, „ein neues Leben in Freiheit zu beginnen – wenn ich diesen Mann heirate“. Bislang lehnte Gulnaz dies ab. Durch den öffentlichen Druck konnte ihre Anwältin Kimberly Motley zunächst erreichen, dass das Strafmaß auf drei Jahre gesenkt wird – ohne die Auflage, heiraten zu müssen. Auch die Begnadigung, zitiert die Agentur Reuters die Amerikanerin, die als anerkannteste Anwältin in Kabul gilt. sei nicht gekoppelt an eine Ehe mit dem Vergewaltiger.

Dass Gulnaz ihn dennoch heiraten wird, gilt als wahrscheinlich. Es heißt, sie habe der Ehe unter der Bedingung zugestimmt, dass die Schwester des Vergewaltigers ihren Bruder heiratet. Damit wäre sie vor weiteren Gewaltattacken ihres Peinigers geschützt.

Motley hofft, dass Gulnaz zum Präzedenzfall für die afghanische Justiz wird und ähnliche Fälle geprüft werden. Der Präsidentenpalast gab dazu keine Stellungnahme ab.