Kiel. . Der Fall des tödlichen Sturzes der Offiziersanwärterin Sarah Lena S. auf der Gorch Fock ist abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen zu einem möglichen Fehlverhalten der Verantwortlichen eingestellt.
Der tödliche Sturz einer Offiziersanwärterin aus der Takelage des Segelschulschiffs „Gorch Fock“ war aus Sicht der Staatsanwaltschaft ein Unfall. Es gebe keine Anhaltspunkte für strafrechtlich zu bewertendes Fehlverhalten „weder gegen Verantwortliche der Schiffsführung, Mitglieder der Besatzung oder sonstige Angehörige der Marine“, erklärte die Kieler Staatsanwaltschaft am Donnerstag. Sie stellte die Ermittungen ein und kritisierte zugleich „unzureichende Regelungen“ der Segelvorausbildung an Bord des Dreimasters.
Die Mutter der verunglückten Offiziersanwärterin Sarah Lena S. hatte Strafanzeige wegen fahrlässiger Tötung erstattet. Sie verlangt nun Schadenersatz von der Bundesrepublik Deutschland. Es gehe mutmaßlich um eine Summe „im fünfstelligen Bereich“, sagte ihr Anwalt Thomas Kock „Focus Online“. Nach Einstellung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen müsse der Tod der Frau wie ein Dienstunfall behandelt werden. „Daraus resultieren grundsätzlich Schmerzensgeldansprüche.“
Mögliche Ursache Erschöpfung
Nach dem tödlichen Sturz der Offiziersanwärterin aus der Takelage war die Ausbildung auf dem Segelschulschiff in die Kritik geraten. Die 25-Jährige war am 7. November 2010 im brasilianischen Hafen von Salvador da Bahia während der Segelvorausbildung aus 27 Meter Höhe auf Deck gestürzt. Anschließend wurden Vorwürfe laut, an Bord würden Kadetten drangsaliert.
Laut Staatsanwaltschaft spricht einiges dafür, „dass der Absturz der Soldatin aus der Takelage auf einen Erschöpfungszustand zurückzuführen sein könnte“. Gleichwohl sei dessen „genaue Ursache nicht hinreichend sicher feststellbar“. Es gebe verschiedene Erklärungsansätze.
Den Ermittlungen zufolge äußerte die 25-Jährige während einer Pause gegenüber ihren Kameraden, dass sie sich zuletzt in einem „Kraftloch“ befunden habe und die Anstrengung deutlich spüre. „Sie wolle sich deswegen jedoch noch nicht an einen Ausbilder wenden, was sie auch nicht tat.“ Kurz vor ihrem Sturz soll sie zudem das Hilfsangebot eines Ausbilders abgelehnt haben.
Zukunft des Ausbildungsschiffs weiter offen
Zugleich kritisierten die Ermittler das Konzept der Segelausbildung an Bord. Der Zeitansatz von zehn Tagen sei „knapp bemessen“. Es bleibe dem Ermessen der Schiffsführung überlassen, „wie mit den Kadetten in den ersten zehn Tagen an Bord verfahren wird“. Der Anwalt der Mutter fühlt sich dadurch in seiner Vermutung bestätigt, „dass erhebliche Sicherheitsmängel vorhanden sind“.
Der wegen seiner Ausbildungspraktiken in die Kritik geratene Dreimaster war Anfang Mai vorzeitig wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Die Zukunft des 89 Meter langen Ausbildungsschiffs ist aber dennoch weiter offen. Laut Verteidigungsministerium wird das Schiff bis zur vollständigen Aufklärung der Vorfälle an Bord nicht wieder zur See fahren.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hatte nach Rückkehr des Schiffes nach Kiel signalisiert, an der „Gorch Fock“ festhalten zu wollen. Der Bericht der Havariekommission und die abschließende Bewertung durch das Verteidigungsministerium stehen indes noch aus. Von dem Bericht einer Marinekommission hatte sich das Ministerium distanziert. Dieser kam zu dem Schluss, dass „die erhobenen Vorwürfe sich zum großen Teil als nicht haltbar erwiesen haben“. (dapd)