Berlin. . Der Untersuchungsbericht zu den Vorgängen auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ hat im Verteidigungsausschuss des Bundestages zu einem Eklat geführt. Die Sitzung wurde ohne Beratung des Papiers abgebrochen.
Der Untersuchungsbericht zu den Vorgängen auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ hat am Mittwoch im Verteidigungsausschuss des Bundestages zu einem Eklat geführt. Die Sitzung wurde ohne Beratung des Papiers abgebrochen, da sich das Verteidigungsministerium nach Teilnehmerangaben von dem Bericht der Marineleitung distanzierte und keine Einschätzung dazu abgeben wollte. Die Opposition sprach von einem einmaligen Vorgang.
Nach Angaben von Ausschussmitgliedern erklärte Staatssekretär Rüdiger Wolf, die Bundesregierung wolle sich den Bericht nicht zu eigen machen und zunächst keine eigene Einschätzung zu den Vorgängen auf dem Schiff und zu den notwendigen Konsequenzen abgeben. Die Regierung habe mit dem Papier der Marineleitung nichts zu tun.
Wolf: „Keine Distanzierung“
Wolf ließ anschließend verlauten: „Vor dem Verteidigungsausschuss habe ich mich nicht von dem Bericht der Untersuchungskommission der Marine distanziert, sondern habe ihn in den Gesamtzusammenhang der derzeitigen Ermittlungen in Bezug auf das Segelschulschiff eingeordnet.“ Aus Kreisen des Ministeriums hieß es, die Untersuchung der Marineleitung richte sich an den Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus (FDP) und solle die von ihm vorgebrachten Vorwürfe zu Vorgängen auf dem Segelschulschiff thematisieren. Das Ministerium werde dem Ausschuss erst nach Abschluss aller Ermittlungen einen Bericht vorlegen. Dies sei frühestens nach der Rückkehr der „Gorch Fock“ in ihren Heimathafen Kiel Anfang Mai möglich.
Die Opposition kritisierte das Vorgehen hingegen als „verantwortungslos“. Der Obmann der Grünen im Verteidigungsausschuss, Omid Nouripour, forderte von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), das Thema nun zur Chefsache zu machen. Er verlangte außerdem, die in dem Bericht dargestellten und seit Jahren bekannten Mängel auf der „Gorch Fock“ zu beheben. Mit Blick auf den von de Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) suspendierten „Gorch Fock“-Kapitän Norbert Schatz sagte Nouripour: „Es ist eine Entlastung zweiter Klasse, aber auf jeden Fall eine Entlastung.“
Für Paul Schäfer, Obmann der Linken im Verteidigungsausschuss, wirft der Umgang mit dem Bericht „ein Schlaglicht auf die Zustände im Ministerium. Damit wird die Marineführung bloßgestellt.“ Diese versuche außerdem, Vorgänge zu beschönigen und zu vertuschen. SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold kritisierte, dass die Marine in dem Bericht „weichzeichnet“ und Missstände als Einzelfälle abgestempelt würden.
Regierungsparteien uneinig in der Bewertung
Der verteidigungspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Ernst-Reinhard Beck (CDU), hält hingegen die Entscheidung des Ministeriums für richtig, da es sich nur um einen Zwischenbericht handle. Eine Distanzierung des Ministeriums sehe er aber nicht. Nach Ansicht der FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff reicht das Papier für eine abschließende Bewertung der Vorgänge nicht aus. Über den Umgang des Ministeriums mit dem Bericht zeigte sie sich aber überrascht: „Es bedarf nun einer vertieften Kommunikation zwischen Ministerium und Parlament. Ich hoffe, es war ein Missverständnis.“
Zuvor hatte de Maizière seinen ersten Auftritt vor dem Verteidigungsausschuss, seit er das Ressort von Guttenberg übernommen hat. Zum weiteren Ablauf der Bundeswehrreform äußerte er sich dabei noch nicht und erbat sich Einarbeitungszeit. Die Opposition forderte noch vor der Sommerpause erste Entscheidungen. (dapd)