Berlin. Die LGBTQ-Community in den USA steht vor einer Zerreißprobe: Bleiben und kämpfen oder aus Angst vor Trumps Rückkehr das Land verlassen?
Mit der näher rückenden zweiten Amtszeit von Donald Trump nimmt die Angst in der LGBTQ-Community in Hollywood zu. Viele queere Menschen fürchten um ihre Rechte, ihre Sicherheit und ihre Zukunft – und ziehen drastische Schritte in Betracht. Einige queere Stars und Familien haben bereits den Entschluss gefasst, die USA zu verlassen.
Die queere Community stimmte mehrheitlich für Kamala Harris. Laut Umfragen von CBS News wählten 86 Prozent der Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell oder trans* bezeichnen, für die Demokratin, während nur 13 Prozent für Trump stimmten. Viele Harris-Wählerinnen und -Wähler wählten demnach aus Angst vor dem, was unter einer weiteren Trump-Präsidentschaft passieren könnte.
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Donald Trump: Prominente verlassen die USA
Das prominente Ehepaar Ellen DeGeneres und Portia de Rossi zog vor Kurzem von Kalifornien in die Cotswolds im Vereinigten Königreich. Sie sind nicht allein. Auch Emmy-Preisträgerin und trans* Schauspielerin Laverne Cox berichtet von derartigen Überlegungen: „Meine Freunde und ich recherchieren bereits, welche Städte in Europa oder der Karibik sicherer sein könnten.“
Sie betonte gegenüber dem Magazin Variety: „Ich möchte nicht in zu großer Angst leben, aber ich bin verängstigt. Besonders als öffentliche Person. Ich könnte ein Ziel werden. Es gab Werbekampagnen für fast 100 Millionen Dollar gegen trans* Menschen. Das ist zutiefst beunruhigend.“
Trump hatte im Wahlkampf immer wieder gegen die queere Community gehetzt. In einem Fernsehspot hieß es: „Kamala is for they/them. President Trump is for you („Kamala ist für dey/deren. Präsident Trump ist für Sie [Anm. d. R: dey/deren sind genderneutrale Pronomen, die überwiegend von nichtbinären Menschen verwendet werden]“.)“.
Laverne Cox vergleicht die Möglichkeit einer sehr LGBTQ-feindlichen Trump-Administration mit der Weimarer Republik: „Vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus gab es in Berlin eine blühende Gemeinschaft von queeren Menschen. Sie griffen jüdische Menschen an. Sie griffen Immigranten an, sie griffen Queer- und trans*-Menschen an.“
Auch Elon Musks Tochter will die USA verlassen
Auch die Tochter von Elon Musk, Vivian Jenna Wilson, will die USA verlassen. Sie erklärte auf der Kurznachrichten-App „Threads“, dass sie keine Zukunft mehr in den USA sehe, selbst wenn Trump nur vier Jahre im Amt bleiben sollte.
Vivian, die sich 2022 von ihrem Vater entfremdete und sich öffentlich als trans* outete, kritisierte Musk wiederholt für seine öffentlichen Äußerungen und sein Verhalten. Sie betonte, dass ihr Vater sie als Kind aufgrund ihrer Identität schlecht behandelt habe. „Ich habe meinen Sohn verloren“, hetzte Musk in einem Interview. Sie sei vom „Woke Mind Virus“ getötet worden, meinte der rechtskonservative Unternehmer.
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Die Gefahr von Project 2025
Ein großer Teil der Sorgen richtet sich auf die geplanten Maßnahmen der konservativen Initiative „Project 2025“. Laut Kritikerinnen und Kritikern könnte dieses Programm die Begriffe „sexuelle Orientierung“ und „Geschlechtsidentität“ aus allen bestehenden Gesetzen streichen.
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In Gesprächen mit queeren Menschen zeichnet sich ein verbreitetes Gefühl der Bedrohung ab. Viele fürchten, dass der Oberste Gerichtshof erneut fundamentale Rechte wie die gleichgeschlechtliche Ehe infrage stellen könnte. Kirsten Schaffer, Leiterin von Women in Film, sagte dem US-amerikanischen Online-Magazin TheWrap: „Es hält mich nachts wach. Ich mache mir Sorgen – für mich, meine Partnerin und unsere Kinder, aber besonders für die trans* Community.“
Ma’ayan Anafi von der National Women’s Law Center warnt: „Diese Auslöschung ist nicht nur symbolisch – sie ist Teil eines systematischen Versuchs, LGBTQI+-Personen allen rechtlichen Schutz vor Verfolgung, Diskriminierung und Gewalt zu entziehen.“
Angst vor Trump: Exodus als letzte Option?
Die Angst führt bereits zu einer realen Abwanderung. Eine Umfrage des National Center for Transgender Equality aus dem Februar zeigt, dass fast die Hälfte aller trans* Personen überlegt, ihren Heimatstaat zu verlassen. Ein wichtiger Grund dafür: mangelnder Zugang zu sogenannter gender-affirming care (trans*freundliche Gesundheitsversorgung), öffentlichen Toiletten und Schulsport.
„Es ist wirklich erstaunlich, dass Menschen, die derzeit in den Vereinigten Staaten leben, darüber nachdenken müssen, ihren Staat zu verlassen, ganz zu schweigen davon, dass so viele Menschen tatsächlich ihren Heimatstaat verlassen mussten“, sagte Sandy James, die leitende Forscherin der Studie. Für die Untersuchung wurden etwa 92.000 nichtbinäre und trans* Personen befragt.
Fünf Prozent der Befragten gaben an, diesen Schritt bereits vollzogen zu haben. Mit dem erneuten Amtsantritt von Donald Trump könnten sich die Zahlen der Auswanderer in den kommenden Jahren deutlich erhöhen.
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Anti-LGBTQ-Gesetze in den USA nehmen zu
Nach dem Inkrafttreten eines umstrittenen Bildungsgesetzes in Florida im Jahr 2022 – das von Kritikern wegen seiner ungleichen Auswirkungen auf LGBTQ-Schüler und -Familien als „Don‘t Say Gay“-Gesetz bezeichnet wird – gaben mehr als die Hälfte der LGBTQ-Eltern an, dass sie einen Umzug ihrer Familie in einen anderen Bundesstaat in Erwägung ziehen.
Suchanfragen zu Auswanderungsmöglichkeiten schnellten bereits nach der US-Wahl in die Höhe. Ziele wie Kanada, Mexiko oder europäische Länder stehen hoch im Kurs. Der ehemalige TV-Manager Rod Carrillo-Lundgren, der sich mittlerweile auf Auswanderungsberatung für LGBTQ+ spezialisiert hat, beobachtet die Entwicklungen genau: „Es geht nicht nur um die Einzelpersonen, sondern um ihre Liebsten und ihre Gemeinschaft. Sie suchen eine sichere, inklusive Zukunft.“
Die Human Rights Campaign, eine LGBTQ-Bürgerrechtsgruppe, berichtet, dass im Jahr 2022 mehr als 315 Gesetzesvorlagen, die sich gegen die Rechte von LGBTQ und insbesondere gegen die Rechte von trans*Personen richten, in die Gesetzgebungsverfahren der Bundesstaaten eingebracht wurden.
Nach Angaben der American Civil Liberties Union (ACLU) ist die Zahl der Anti-LGBTQ-Gesetze im Jahr 2023 mit mindestens 510 Gesetzentwürfen in 46 Bundesstaaten weiter gestiegen. Mehr als 80 davon wurden Gesetz. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass 2024 ein weiteres Rekordjahr für staatliche Gesetzesvorhaben gegen die LGBTQ-Gemeinschaft werden wird.
USA: Trans*Community in besonderer Gefahr
Besonders trans* Menschen haben Befürchtungen, dass sie von rechtlichen Anpassungen betroffen sein werden. Viele bereiten sich bereits jetzt auf Einschränkungen vor. Zoei Montgomery, eine 25-jährige trans* Frau, berichtet der Washington Post, dass sie Medikamente horte, um ihre geschlechtsspezifische Behandlung auch bei möglichen Verboten fortsetzen zu können. Gleichzeitig plane sie, im Notfall nach Kanada auszuwandern – zur Not mit dem Kajak. „Ich habe keine Wahl“, sagt sie über ihre Überlegungen, die USA zu verlassen, sollte der politische Druck weiter steigen.
Auf den sozialen Netzwerken kursieren zahlreiche Videos, in denen queere Menschen von Auswanderungserfahrungen berichten und Tipps an andere US-Bürgerinnen geben. „Vertraut auf euer Bauchgefühl“, rät ein Creator auf TikTok, der nach Kanada gezogen ist.
Angst vor Trump: Widerstand und Hoffnung
Auswandern, um der politischen Situation zu entkommen? So einfach ist es nicht, die Situation bleibt komplex. Neben Visafragen und finanziellen Hürden ist der Zugang zu Gesundheitsversorgung und Hormontherapien für viele trans* Menschen lebensnotwendig. Dazu kommt, dass auch in anderen Teilen der Welt rechte Tendenzen zunehmen, wie beispielsweise in Italien, Japan oder auch Deutschland. Nachdem in diesem Jahr das Selbstbestimmungsgesetz eingeführt wurde, plant die CDU dieses bei einem Wahlsieg wieder zurückzunehmen.
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Während einige Menschen bereits ihre Koffer packen, wollen andere in den USA bleiben und kämpfen. Rob Epstein, Oscar-prämierter Regisseur, erklärt dem Magazin TheWrap: „Wir bleiben, wir erzählen Geschichten und leisten Widerstand durch unsere Arbeit.“ Auch Autor und Komiker Bruce Vilanch betont: „Ich verstehe die Panik, aber ich werde nicht weglaufen. Ich bleibe hier und tue, was notwendig ist.“