Stuttgart. .

Die Grünen pochen auf den Stopp der Bauarbeiten beim Bahnprojekt Stuttgart 21, Ministerpräsident Stefan Mappus, die Bahn und Ulms Oberbürgermeister lehnen dies ab. Die Mehrheit der Deutschen ist gegen das Vorhaben.

Die geplante Schlichtung zum Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 droht am Streit über einen Baustopp zu scheitern. Die Grünen pochten am Freitag auf die Aussetzung der Bau- und Vergabearbeiten, was Ministerpräsident Stefan Mappus allerdings ablehnte. Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner warf den Gegnern des Projekts „Allmachtsphantasien“ sowie den Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien vor.

Der mit der Vermittlung beauftragte CDU-Politiker Heiner Geißler habe zu Recht darauf hingewiesen, dass für die Dauer solcher Gespräche eine Friedenspflicht gelte, erklärte Grünen-Chef Cem Özdemir in Berlin. „Das bedeutet, dass ein Bau- und Vergabestopp notwendig ist.“ Auch der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Ulrich Maurer, betonte, eine Schlichtung sei nur sinnvoll, wenn die Bauarbeiten ruhten.

Baustopp wird abgelehnt

Geißler hatte zuvor gesagt, er sei mit seiner Forderung nach einem völlig Baustopp missverstanden worden. Mappus und Bahn-Chef Rüdiger Grube hatten bereits am Donnerstag dementiert, Geißler ein solches Moratorium zugesagt zu haben. Es bleibe aber dabei, dass es bis auf weiteres keine Fällarbeiten im Schlossgarten und keinen Abriss des Südflügels des Hauptbahnhofs geben werde. Damit sind andere Arbeiten nicht ausgeschlossen.

Der Streit um den Neubau des Stuttgarter Bahnhofs stößt zunehmend auf Unverständnis in anderen Teilen Baden-Württembergs. Scharfe Kritik an den Gegnern übte Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner. „Ich habe noch nie verstanden, wieso man einen Baustopp machen kann, wenn ein Bauherr - hier die Bahn - ein Baurecht hat“, sagte der SPD-Politiker im Reuters-Interview. Im übrigen handele es sich nicht um ein Lokalprojekt. „An dem Projekt hängt Ulm und die ganze Region.“

In der aufgeregten Debatte um eine angeblich fehlende Bürgerbeteiligung gehe völlig unter, was der Ausgangspunkt sei. „Zwischen Stuttgart und Ulm gibt es eine Eisenbahnstrecke, die 160 Jahre alt und nicht zukunftsfähig ist. Die muss erneuert werden.“ Angesichts hunderter Debatten und Informations-Veranstaltungen sei es „völliger Schwachsinn“, von einer gescheiterten Kommunikationsstrategie zu reden. Gönner kritisierte dagegen „Allmachtsphantasien“ bei einigen Akteuren. Den Gegnern des Projektes warf der Ulmer Oberbürgermeister zudem vor, die Basis des Rechtsstaats infrage zu stellen. „Bei uns gilt immer noch: Wer nach langer Diskussion und öffentlicher Beteiligung ein Baurecht bekommen hat, darf nach unseren rechtsstaatlichen Geflogenheiten auch bauen.“ Mittlerweile sei eine Bürgerinitiative in Ulm und der Region mit dem Motto „Ja zur Neubaustrecke“ entstanden.

Mehr als die Hälfte finden das Projekt falsch

Rund eine Woche nach der gewaltsamen Räumung des Schlossgartens erhoben an den Demonstrationen beteiligte Schüler massive Kritik am Polizeieinsatz. „Wer so was einen verhältnismäßigen Einsatz nennt, der muss politische Verantwortung tragen“, sagte Tobi Tegl von der Jugendoffensive gegen das Bahnprojekt. Er rief die Parteien im Landtag auf, den Weg für einen Untersuchungsausschuss freizumachen.

Umstritten ist, wie die Bürger außerhalb von Stuttgart zu dem Bahnhofsprojekt stehen. Ulms Oberbürgermeister warnte davor, von Stuttgart auf das Land zu schließen. Die Stimmung sei in der Region überwiegend positiv. Bundesweit scheint dies aber anders zu sein: 54 Prozent der Deutschen hielten das Projekt „im Großen und Ganzen für falsch“, ergab eine Umfrage des ARD-Deutschlandtrends. Ein Drittel der Deutschen hält Stuttgart 21 dagegen für „im Großen und Ganzen richtig“. (Reuters)