Essen. Die tödliche Prügelattacke auf den 50-jährigen Geschäftsmann am Samstag in München wurde offensichtlich von bis zu 20 Zeugen beobachtet. Doch sie griffen nicht ein, während das Opfer seine Zivilcourage mit dem Leben bezahlte.

Dennoch haben Staatsanwaltschaft und Polizei keine Ermittlungen wegen unterlassener Hilfeleistung eingeleitet. Man sei froh über jeden Zeugen, der sich melde und wolle diese nicht verprellen, so eine Polizeisprecherin. Ob einer von ihnen dem Opfer hätte helfen können, sei sehr schwer zu beurteilen.

Dieses Problem sieht auch der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes. Der zentrale Punkt bei der Frage der unterlassenen Hilfeleistung, sei die Nachweisbarkeit. Die Staatsanwaltschaft müsse Zeugen nachweisen, dass sie die Notsituation erkannt haben und wussten, dass sie eigentlich hätten Hilfe leisten müssen.

Bayernweite Schweigeminute

Dass die Hilfe unzumutbar gewesen sei, weil sich die Passanten dabei in erhebliche eigene Gefahr begeben hätten, hält Feltes nicht für gegeben. „Es hätten sich mehrere zusammentun und einschreiten können”, so Feltes. Auch ein weiterer Anruf bei der Polizei sei möglich gewesen. Da die Vorschrift des Paragraphen 323 c des Strafgesetzbuches jedoch relativ weit gefasst sei, erschwere dies die Anwendung in vergleichbaren Fällen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Dominik K. gestern als Vorbild gewürdigt. Er habe einen Maßstab für Zivilcourage gesetzt, sagte sie in der Kabinettssitzung. Die bayerische Landesregierung gedachte mit einer Schweigeminute des getöteten Geschäfsmannes. „Das gesamte Kabinett verneigt sich mit Respekt und in Hochachtung vor dem Opfer”, so Ministerpräsident Horst Seehofer. Zudem fand um 18.30 Uhr eine bayernweite Schweigeminute statt, darüber hinaus wird dem Geschäftsmann posthum der Bayerische Verdienstorden verliehen.

„Hände in Unschuld waschen”

Derweil hat ein Unbekannter am Tatort mit einer symbolischen Aktion mangelnde Zivilcourage beklagt. Auf dem Bahnsteig wurde ein Wassergefäß aufgestellt, in dem sich Vorbeigehende ihre „Hände in Unschuld waschen” können. Der Unbekannte hatte in Anlehnung an das Neue Testament an dem Gefäß einen Zettel mit der Frage befestigt: „Kennen Sie die Geschichte von Pontius Pilatus, der Jesus dem Henker auslieferte?”