Hauptstadt Inside – Der Politik-Newsletter von Jörg Quoos
die Betroffenheit war groß und die Forderung nach neuen, schärferen Gesetzen wie immer schnell. Nach der furchtbaren Amokfahrt von Magdeburg mit sechs Toten und knapp 300 Verletzten forderte Bundesinnenministerin Nancy Faeser ein neues Polizeigesetz und stellte gleichzeitig Union und FDP als verantwortungslose Blockierer dar.
Heute wissen wir: Es brauchte gar keine neuen Gesetze. Die Opfer könnten noch leben, wenn die Behörden besser zusammengearbeitet hätten und wachsamer gewesen wären. Auf 16 Seiten (Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch), die wir einsehen konnten, hat das Bundeskriminalamt für die heutige Sitzung des Bundestags-Innenausschusses zusammengestellt, was vom Vorleben des Täters bekannt war. Er war nicht der einsame Wolf, der aus heiterem Himmel zuschlug. Man hatte ihn längst auf dem Radar.
Ämter aus sechs Bundesländern sowie der Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt waren vor der Amokfahrt eingeschaltet. Es gab 105 dokumentierte Vorgänge zu dem saudi-arabischen Täter, darunter konkrete Drohungen. Eine richtete Taleb Al-Abdulmohsen sogar als Kommentar direkt an Nancy Faeser. Es ist eine bittere Chronik des Versagens, die mein Kollege Christian Unger beschreibt.
Warum betreiben Sie Putins Geschäft, Frau Wagenknecht?
Sie ist der Star der linken Szene, aber steckt seit Kurzem im Umfrageloch. Sahra Wagenknecht (55), Chefin des gleichnamigen Bündnisses. Die Frau von Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine ist selbst Programm und daher reisten meine Kollegen Carlotta Richter und Jochen Gaugele ins Saarland, um ihr persönlich die entscheidenden Fragen zu stellen: Ist bei Ihrem BSW die Luft raus? Und wie kommen Sie dazu, das Geschäft von Wladimir Putin zu betreiben? Die Antworten sind aufschlussreich und muss man als Wählerin oder Wähler kennen.
Ex-SPD-Chef geht auf Scholz los
Wer als Politiker Parteifreunde hat, braucht keine Feinde mehr. Gemäß diesem alten Motto ist Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel jetzt auf Olaf Scholz und seine Partei losgegangen. Gabriel, immerhin Ex-Außenminister, ließ jegliche Diplomatie fahren und sagte im Interview mit unserer „Frau im Spiegel“: „Die Sozialdemokratie, in die ich vor fast 50 Jahren eingetreten bin, gibt es nicht mehr“. Statt einen Sozialstaat baue die SPD den „Sozialhilfestaat“ immer weiter aus, bei dem „eigene Anstrengung immer weniger belohnt wird“. Gabriel weiter: „Und scheinbar wollen die Menschen diese Art Sozialhilfestaat nicht, denn sonst hätte die SPD angesichts ihrer Milliardenausgaben im Sozialhilfebereich inzwischen eine Zweidrittelmehrheit haben müssen“. Klingt hart, aber irgendwie einleuchtend.
Kanzler ein „Arschloch?“
Wahlplakate fand ich schon immer doof, aber die Kampagne 2025 setzt für mich noch einen drauf. Als erstes fahre ich morgens am Ex-Focus-Kollegen Henning Krumrey vorbei, der für die FDP von den Laternen grüßt, mit dem Spruch: „Wirtschaft stärken. Klima schützen. Wohlstand sichern“. Da sage ich „jawoll“ und frage mich, ob es irgendeine Partei auf der Welt gibt, die das nicht will.
Dann passiere ich den Kopf von Robert Habeck in XXXL, der nur ein Wort braucht: ZUVERSICHT. Damit man die mysteriöse Botschaft versteht, steht ganz klein darunter. „Ein Mensch. Ein Wort.“ Aha! Bei seiner Idee zu neuen Sozialabgaben hätte es durchaus ein paar Worte mehr gebraucht.
„Mit Sicherheit mehr Wachstum“ steht auf einem riesigen Scholz-Plakat, das Faktenchecker eigentlich abbauen müssten. Das Bruttoinlandsprodukt ist gerade zum zweiten Mal in Folge geschrumpft.
Die CDU-Plakate mit Friedrich Merz waren alle beschmiert, daher spare ich mir die Rezension.
Eine Vollbremsung machte ich beim Plakat der „Partei“. In Weiß auf Knallrot lese ich: „Der nächste Kanzler ist ein Arschloch“. Wie bitte? Bei der „Partei“ handelt es sich um eine Satire-Partei, aber dass solche Plakate auch von mir finanziert werden, ärgert mich. Die „Partei“ kassierte in 2023 satte 544.870,22 Euro Wahlkampfgeld für so einen Mist und ich finde: Das ist NICHT lustig.
Insgesamt geben alle Parteien Millionen Euro für Plakate aus, von denen die meisten unseren Intellekt beleidigen. Vielleicht macht man sich über alle Parteien hinweg mal Gedanken über eine moderne, nachhaltigere Form des Wahlkampfs im öffentlichen Raum.
Die schwerste Entscheidung von Daniel Günther
In unserem sehr erfolgreichen Podcast „Meine schwerste Entscheidung“ war jetzt die CDU-Hoffnung von der Küste zu Gast. Daniel Günther, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, spricht offen aus, wie er über den Politikbetrieb in der Hauptstadt denkt. Er „widere ihn teilweise wirklich an“, gesteht der Regierungschef, es sei „gang und gäbe, schäbig miteinander umzugehen“. Klingt nicht wie eine Bewerbung um das Amt des Kanzlers. Was den freundlichen Mann aus Kiel so erzürnt und welche Entscheidung ihm am schwersten fiel, hören Sie hier.
Bach runter, statt Bach rauf
Während ich gerade im neuen Buch „Den Bach rauf“ von Robert Habeck nach interessanten Stellen suche, läuft die Meldung, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) die Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum drastisch senkt. Statt 0,8 werden nur noch 0, 3 Prozent erwartet und Deutschland landet damit auf dem letzten Platz der untersuchten Volkswirtschaften.
Ich lege das Habeck-Buch beiseite, um diesen Absatz noch aufzunehmen und frage mich ernsthaft: Ist es schlau vom Bundeswirtschaftsminister, sich so viel Zeit für ein Buch zu nehmen, wenn gleichzeitig die deutsche Wirtschaft den Bach runtergeht?
Ich wünsche Ihnen ein gesundes Wochenende,
herzlich, Ihr