Berlin. Per Dienstwagen ins spanische Kurhaus - geht das in Ordnung oder ist das Steuergeldverschwendung? Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt steht im Kreuzfeuer der Kritik. Alles Wissenswerte zu den Themen Kosten, rechtliche Grundlagen und Hintergründe zur Dienstwagen-Affäre auf einen Blick.

Es bleibt dabei. Ulla Schmidt hat einfach kein Glück mit ihren Dienstwagen. Vor zwei Jahren nahm die Deutsche Umwelthilfe die Bundesgesundheitsministerin aufs Korn, weil ihr damals 388-PS schwerer Mercedes 500 eine Dreckschleuder war: 286 Gramm Kohlendioxid je Kilometer. Schmidt reagierte, stieg auf einen etwas umweltfreundlicheren Mercedes CDI 420 (247 Gramm) um. Der ist nun auch weg. Geklaut in Spanien. Während ihres Urlaubs bei Alicante. Zuhause schäumt es. Von Steuergeldverschwendung ist die Rede. Alles Wissenswerte zur Dienstwagen-Affäre auf einen Blick:

Warum ist Ulla Schmidt mit ihrer Dienstlimousine im Urlaub?

Weil sie dort mindestens zwei dienstliche Termine absolviert, darunter am Montagabend im Kurhaus von Els Poblets eine Informationsveranstaltung in Sache Rente und Pflegeversicherung für deutsche Residenten in Spanien. Und einen Bürgermeisterbesuch in ihrem Urlaubsort Denia.

Was ist mit dem Wagen überhaupt passiert?

Dem Chauffeur der Ministerin war der Schlüssel der Dienstlimousine in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch letzter Woche gestohlen worden, als er schlief. Misslich: Weil es so heiß war, ließ der Fahrer eine Wohnungstür aufstehen. Der oder die Täter mussten gar nicht einbrechen. Von dem Auto fehlt bislang jede Spur. Ob wichtige oder brisante Unterlagen im Wagen waren, ist unbekannt.

Gibt es irgendwelche Besonderheiten am Rande?

Aus "Fürsorgegründen" billigte Ministerin Schmidt, dass der 15-jährige Sohn des Fahrers eine Mitfahrgelegenheit erhielt. Er hat Ferien und hätte andernfalls alleine zu Hause bleiben müssen. Die Kosten für dessen Unterbringung in Spanien würden privat über den Vater abgerechnet, so das Ministerium.

War die Nutzung des Dienstwagens durch Ulla Schmidt rechtens?

Ja. Mitglieder der Bundesregierung haben laut "Richtlinie für die Nutzung von Dienstkraftfahrzeugen in der Bundesverwaltung" (DKfzR) das uneingeschränkte Recht, rund um die Uhr auf Wagen plus Fahrer zugreifen zu können. Auch im Ausland.

War die Nutzung auch billig?

Kommt auf den Blickwinkel an. Schmidts Sprecherin machte gestern folgende Rechnung auf: Der Dienst-Mercedes der S-Klasse verbrauche 7,7 Liter auf 100 Kilometer. Heißt: die Strecke Berlin - Alicante - Berlin schlägt bei einem angenommenen Literpreis von 1,20 Euro mit 500 Euro nur fürs Benzin zu Buche. Dies, so Dagmar Kaiser, sei der Preis für ein vergleichbares Fahrzeug mit Fahrer - am Tag.

Hätte sich Ulla Schmidt ein kostengünstigeres Auto über die Deutsche Botschaft in Madrid besorgen können?

Das zuständige Auswärtige Amt hat da Zweifel. Schmidts Urlaubs- und vorübergehender Dienstort bei Alicante sei cirka 600 Kilometer von Madrid entfernt. Eine Auto-Leihgabe wäre ohne weiteres kaum möglich gewesen, sagte der Sprecher von Außenminister Steinmeier.

Wie sieht es denn steuerlich aus, wenn Minister ihr Dienstfahrzeug privat nutzen?

Wer etwa einen Wagen mit mehr als 2500 ccm Hubraum, was im Schmidt'schen Fall gegeben ist, muss dafür laut Finanzministerium 44 Cent pro Kilometer an den Fiskus bezahlen - und 25 Euro pro Stunden für den Fahrer. Ulla Schmidt will im Jahr 2008 exakt 6111 privat im Dienstauto gefahrene Kilometer ordnungsgemäß versteuert haben. Ihr Fahrtenbuch, sagt sie, sei seit acht Jahren nicht beanstandet worden.

Hat Schmidt etwas zu verbergen?

Ihr Haus druckste gestern herum, was die genaue Anzahl der dienstlichen Termine in Spanien anbelangt. Aber die Ministerin hat nichts dagegen, wenn der Bundesrechnungshof den Fall durchleuchtet und der Haushaltsausschuss des Bundestages demnächst bohrende Fragen stellen will. "Es gibt keinen Skandal. Denn es ist wirtschaftlicher, wenn ich meinen Dienstfahrzeug nutze, als einen Dienstwagen inklusive Fahrer hier zu mieten", sagte sie ihrer Heimatzeitung in Aachen.

Wie halten es die anderen Regierungsmitglieder mit ihren Dienstwagen im Urlaub?

Gar nicht. Eine Umfrage unter den Ministersprechern ergab gestern, dass Frau Schmidt als einziges Kabinettsmitglied ohne ständigen Personenschutz (das sind: Kanzlerin Merkel, Verteidigungsminister Jung, Außenminister Steinmeier und Innenminister Schäuble) von diesem Recht gebraucht macht. Alle übrigen Bundesminister, die nicht als gefährdet gelten, haben entweder noch keine Auszeit genommen, sind privat auf Inseln geflogen, bleiben im Inland oder haben sich hinter das Steuer ihres Privatwagen gesetzt.