Berlin. Das Bundesgesundheitsministerium hat die Nutzung des Dienstwagens von Ressortchefin Ulla Schmidt (SPD) im Urlaub auch mit Hinweis auf die Kosten gerechtfertigt. Es sei "vielleicht überraschend, aber: Es ist wirtschaftlicher", sagte eine Ministeriumssprecherin.
Die Fahrt hin und zurück von rund 5000 Kilometern bei Benzinkosten von 1,20 Euro pro Liter entspreche rund 500 Euro. «Dies entspricht einer Tagesmiete eines entsprechenden Wagens vor Ort.» Die Sprecherin sagte weiter, dass auch die Kosten für den Fahrer vor Ort vom Steuerzahler beglichen würden. Die Ministerin nehme im Urlaub in Spanien dienstliche Termine wahr. Doch würden private Fahrten mit dem Dienstwagen «selbstverständlich» privat abgerechnet.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist über die Einzelheiten des Falls nach Angaben von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm bisher nicht informiert. Er hob aber hervor, die Kanzlerin habe mit Schmidt eine «sehr gute und enge Zusammenarbeit». Er gehe davon aus, dass alle Richtlinien zur Nutzung von Dienstwagen eingehalten würden, sagte Wilhelm. Dies liege allerdings in der Verantwortung der jeweiligen Ministerien.
Schmidt in der großen Koalition unter Druck
Schmidts Wagen habe von Berlin ins spanische Alicante gebracht werden müssen, «und das kostet sehr viel Geld», sagt Reiner Holznagel, Geschäftsführer vom Bund der Steuerzahler (BdSt). Dazu müsse die Bundesregierung Stellung nehmen, fordert Holznagel.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt gerät auch innerhalb der Großen Koalition unter Druck. Der Vorsitzende des Bundestagshaushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), verwies darauf, dass Minister im Ausland die Möglichkeit hätten, sich von der jeweiligen Botschaft einen Wagen besorgen zu lassen. «In Spanien wären es ja sogar die Generalkonsulate, die vor Ort sind, die sich darum bemühen könnten», sagte er im WDR. Das Gesundheitsministerium müsse die Angelegenheit «schlüssig» erklären. Sollte dies nicht geschehen, müsse sich der gesamte Haushaltsausschuss mit der Angelegenheit befassen.
"Es ist auch dem Wähler gegenüber schwer zu erklären"
Grünen-Fraktionsvize Christine Scheel sagte, sie verstehe nicht, weshalb mit einem Dienstwagen eine so weite Strecke gefahren werde. Dies sei «auch unter Umweltgesichtspunkten ziemlich verrückt», sagte Scheel auf N24 und fügte hinzu: «Es ist auch dem Wähler gegenüber schwer zu erklären, warum man denn eine gepanzerte Limousine in Spanien am Urlaubsort braucht.» Das sei «ziemlich größenwahnsinnig».
Der CDU-Haushaltspolitiker Georg Schirmbeck sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung», es eine «skandalöse Verschwendung von Steuergeldern, dass die SPD-Politikerin ihre Dienstlimousine plus Chauffeur quer durch Europa bis zu ihrem spanischen Urlaubsort geschickt hat».
"Sie ist die falsche Frau im Bundeskabinett"
Zu einem möglichen Rücktritt Schmidts sagte Schirmbeck: «Da die Amtszeit von Gesundheitsministerin Schmidt ohnehin abgelaufen ist, erübrigt sich die Forderung nach ihrem Rücktritt. Aber dass sie sich so einen dicken Klops leistet, zeigt: Sie ist die falsche Frau im Bundeskabinett.»
Besonders pikant sei es, dass der Vorfall erst durch den Diebstahl des gepanzerten Luxusautos an die Öffentlichkeit gelangt sei. «Mit ihrem Verhalten schädigt sie den Ruf der mehr als 600 Mitglieder des Bundestages immens», kritisierte der CDU-Politiker laut Vorabmeldung. «Das Misstrauen breiter Bevölkerungsschichten gegenüber Politiker wird von der Gesundheitsministerin nur befördert.»
Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Döring kritisierte das Verhalten der Ministerin: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass die deutsche Botschaft in Madrid nicht in der Lage sein soll, die Ministerin zu einem oder mehreren Vorträgen zu fahren», sagte Döring der in Hannover erscheinenden «Neuen Presse» laut Vorabmeldung.
Der FDP-Politiker forderte, die entsprechenden Richtlinien in den Ministerien zu prüfen. «Notfalls müssen wir in der Tat darüber nachdenken, wie eine Ministerin sanktioniert werden kann. Aber das wird der Wähler hoffentlich tun am 27. September», sagte Döring weiter.
SPD stellt sich vor ihre Ministerin
Die SPD hingegen hat sich vor ihre Politikerin gestellt. Schmidt habe «im Rahmen von Recht und Gesetz» gehandelt, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil am Montag. «Wir werden nicht zulassen, dass das in ein komisches Licht gerückt wird», fügte er hinzu. Schmidt habe zuvor in einer telefonischen Schaltkonferenz des Parteipräsidiums ihre Dienstwagennutzung im Urlaub an der spanischen Mittelmeerküste erläutert. Bei ihrer Entscheidung für den Wagen hätten auch «Sicherheitsaspekte» eine Rolle gespielt, sagte Heil ohne weitere Erläuterungen.
Die Ministerin habe private Fahrten separat ausgezeichnet und abgerechnet. Schmidt sei zudem bereit, weitere Fragen zu beantworten. Heil räumte zugleich indirekt ein, dass der Wirbel der SPD in der Woche ihres Wahlkampfauftaktes nicht gerade gelegen kommt. «Ich gebe zu, niemand hat sich gewünscht, dass ein Auto geklaut wird», sagte er. Dass Schmidt ihren Dienstwagen nach Spanien geordert hatte, war bekannt geworden, nachdem dieser gestohlen worden war.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hatte am Wochenende die private Nutzung ihres Dienstwagens im Spanienurlaub eingeräumt. Die Limousine war während nahe Alicante gestohlen worden. Diebe hatten das Zimmer von Schmidts Fahrer aufgebrochen und die Schlüssel entwendet. (ap/ddp/afp)