Berlin. Im Bundestag läuft die Debatte um die Erweiterung des Fonds zur Stützung der Währung und die erweiterten Mitspracherechte fürs Parlament. Während die Union für die Zustimmung in den eigenen Reihen wirbt, rechnet die Opposition mit der Regierung ab.
Die Debatte über die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF im Bundestag hat mit heftigen gegenseitigen Attacken von Koalition und Opposition begonnen. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle warf der früheren rot-grünen Regierung am Donnerstag vor, Schuld an der derzeitigen Krise in Europa zu sein. Dagegen beschuldigte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin die Bundesregierung, zu zögerlich zu agieren. Vor der namentlichen Abstimmung hofften Vertreter von Schwarz-Gelb weiter auf eine eigene Mehrheit.
Der Unions-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder bezeichnete die Abstimmung als "wichtige Entscheidung für die Zukunft unseres Landes und die Zukunft Europas". Deutschland habe ein "existenzielles nationales Interesse" an der Stabilität des Euro, sagte der CDU-Politiker.
Der EFSF-Schirm soll mit einem Volumen von 440 Milliarden Euro klamme Staaten der Euro-Zone vor Zahlungsschwierigkeiten schützen. Deutschland haftet dabei mit maximal 211 Milliarden Euro. Gleichzeitig muss das deutsche Parlament allen wichtigen Entscheidungen, vor allem neuen Zahlungen, seine Zustimmung erteilen.
Schäuble versichert: Bundestag wird immer zustimmen
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schloss nachträgliche Änderungen am Euro-Rettungsschirm EFSF nicht aus. Auf die Frage, ob eine Hebelung des EFSF - also eine Ausweitung des Volumens, etwa durch die Aufnahme eigener Kredite bei der Europäischen Zentralbank - möglich sei, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im Bundestag, die Richtlinien ("Guidelines") für den EFSF seien "noch nicht abschließend behandelt". Sie bedürften aber der Zustimmung des Bundestages, sagte Schäuble.
Es bleibe bei dem Garantierrahmen von 211 Milliarden Euro für Deutschland, versicherte Schäuble. Seit einigen Tagen gibt es Gerüchte, dass eine sogenannte Hebelung des EFSF eingeführt werden soll, was dessen Kapazität drastisch erhöhen könnte. Am Mittwoch sagte EU-Kommissionschef José Manuel Barroso, dass über eine solche Maßnahme derzeit diskutiert werde.
Auch Brüderle warb um Zustimmung für die Erweiterung des EFSF. Es gehe darum, die Wirtschaftskraft Europas und die Gemeinschaftswährung zu stärken. Zugleich attackierte er SPD und Grüne scharf. "Ihre Aufnahme von Griechenland" in die Währungsunion, "ihre Fehlentscheidungen" und "ihre Brechung des Stabilitätspakts" seien die Ursache der heutigen Probleme in Europa, rief Brüderle Grünen und Sozialdemokraten zu. Es sei "ein Glück", dass es jetzt eine andere Regierungskoalition gebe.
Steinbrück: Merkel hat zu wenig erklärt
Das sah der SPD-Abgeordnete und ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück ganz anders. Es gebe viele Vorurteile gegen das Projekt Europa, die von der Regierung "durch die ein oder andere unbedachte Äußerungen" noch geschürt worden seien. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe die Vorzüge Europas "nicht hinreichend beleuchtet", kritisierte er. Der Bundesregierung fehle das Vertrauen der Bürger.
Trittin erklärte, das "Zaudern und Zögern" von Schwarz-Gelb habe den deutschen Steuerzahler viel Geld gekostet, "weil es die Krise verlängert und verteuert hat." Diese Krise in Europa sei "offensichtlich zu groß für Sie", rief Trittin der Regierung zu.
Die Linksfraktion forderte in der Debatte von Merkel eine Garantieerklärung. Die Regierungschefin müsse den Steuerzahlern versichern, dass nicht sie für die Folgen der Krise zahlen müssten, erklärte Linksfraktionschef Gregor Gysi.
Er kritisierte auch die vorgesehene Parlamentsbeteiligung an der Verwendung des EFSF, die ansonsten breites Lob der Redner fand. Er halte es für einen Skandal, dass "schon wieder ein Geheimausschuss gebildet werden soll", der über die Auszahlung von Tranchen entscheide, sagte Gysi. Er spielte damit auf den Sonderausschuss an, der in eiligen Fällen Entscheidungen zum EFSF-Schirm treffen soll.
Abstimmung im Bundesrat am Freitag
Während eine Annahme des Gesetzes als sicher gilt, da auch SPD und Grüne zustimmen wollen, wird mit Spannung erwartet, ob die sogenannte Kanzlermehrheit zustande kommt. Mehrere Abgeordnete der Koalitionsfraktionen kündigten erneut ihre Ablehnung an. Dazu gehören Frank Schäffler (FDP) und Klaus Peter Willsch (CDU).
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Peter Altmaier (CDU), zeigte sich am Morgen trotzdem von einer eigenen Mehrheit der Koalition überzeugt. Er wisse, dass "einige Kollegen" im Parlament nicht zustimmen werden, es werde aber eine überwältigende Mehrheit geben, sagte Altmaier im ARD-"Morgenmagazin".
Am Freitag stimmt auch der Bundesrat über die EFSF-Erweiterung ab. In allen 17 Euro-Ländern müssen die nationalen Parlamente dem Plan zustimmen, bevor die Erweiterung wirksam wird. In mehreren Staaten wird frühestens im Oktober entschieden.. (dapd)