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So wenig Führung war nie: Bundeskanzlerin Angela Merkel wirkt wie eine Getriebene, auf klare Ansagen aus Berlin warten wir. Gäbe es eine Rating-Agentur für Regierungen, würde Schwarz-Gelb gewiss nicht das „Triple A“-Gütesiegel ergattern.
Für Angela Merkel ist ein Sommer des Missvergnügens nahtlos in den Herbst schwerer Entscheidungen übergegangen. Doch auf eine strikte Ansage aus Berlin, ein „Machtwort“ gar, warten wir noch. Anstatt klaren Kurs zu setzen, erduldet die Kanzlerin in diesen Tagen sogar eine veritable Meuterei. So wenig Führung war nie. Auf dem Höhepunkt der Euro-Krise sind CDU und FDP derart zerstritten, dass man an der Handlungsfähigkeit der Bundesregierung ernsthaften Zweifel hegen darf. Jetzt käme es auf die Kanzlerin an! Laut Grundgesetz bestimmt sie die Richtlinien der Politik. Aber Fehlanzeige. Stattdessen wirkt sie wie eine Getriebene.
Das Handeln der Kanzlerin scheint einem zweifelhaften Bonmot des französischen Staatsmanns Talleyrand zu folgen: „Dort geht mein Volk. Ich muss ihm hinterher, ich bin sein Anführer.“ Es sind die Termine von Landtagswahlen und Parteitagen, die den Takt der politischen Entscheidungen vorgeben und nicht die dramatischen Ereignisse an den europäischen Finanzmärkten oder beim Sturz der Diktaturen Arabiens, schon gar nicht die bewährten Grundsätze deutscher Politik, wie atlantische Freundschaft und europäische Integration.
In der Atompolitik wurde Angela Merkel vollends zum Wendehals
So durfte der abgewirtschaftete Außenminister Westerwelle in der Libyenfrage Deutschland aus der Allianz mit dem Westen lösen und zu einem randständigen Staat machen, der aus Opportunismus auch mit „lupenreinen Demokratien“ wie China und Russland stimmt. Schließlich wagte niemand, die anstehenden Provinz-Wahlen mit einer Diskussion über die deutsche Unterstützung der Freiheitsbewegung im Orient zu belasten. In der Atompolitik wurde Angela Merkel vollends zum Wendehals, was ihr einen Aufstand der Konservativen in ihrer Partei eintrug.
Jetzt wagt sie es nicht, dem populistischen Euroskeptizismus des in der Rolle des FDP-Reformators dilettierenden Philipp Rösler Einhalt zu gebieten, obwohl die Börse auf jeden flotten Spruch des Wirtschaftsminister mit einem kleinen Absturz reagiert. Bleibt es bei dem Streit innerhalb der Regierung, werden die Bundestagsabstimmungen über Griechenland und den europäischen Rettungsschirm zur Nagelprobe für Angela Merkel. Auch ohne die Vertrauensfrage zu stellen, wird es um ihre Zukunft gehen.
Doch selbst soweit kann sie nicht planen. Am Sonntag wird in Berlin gewählt. Dieses Datum gilt es erst einmal zu überstehen. Vermutlich steht den Liberalen erneut ein Debakel bevor. Es wäre die letzte Quittung für die „neue“ FDP – eine Partei mit der zur Zeit kein Staat zu machen ist.
Gäbe es eine Ratingagentur für Regierungen, würde Schwarz-Gelb gewiss nicht das „Triple A“-Gütesiegel ergattern. In diesen Tagen müsste die Regierung Merkel eher den Ramsch-Status befürchten.