Berlin. . Euro-Theater, Wahlpleite, eine FDP im Sinkflug. Die Regierung steckt in einem Tief. Und am Mittwoch muss die Kanzlerin bei der Abstimmung zum Euro-Rettungsschirm im Bundestag Farbe bekennen. Sie ist angeschlagen.

Worüber seit Wochen gemunkelt wird, ist jetzt eine reale Gefahr. Union und FDP verfehlten in einer internen Abstimmung die eigene Mehrheit für den Euro-Rettungsschirm. Zwar nur ein Stimmungsbild. Kanzlerin Angela Merkel ist aber gewarnt.

Wie angeschlagen ist Angela Merkel?

Sie wird nicht hektisch. Aber sie ist angegriffen, auch persönlich. Ihr Vater ist vor wenigen Tagen gestorben. Ihr Landesverband verlor am Sonntag die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern. Ihr Koalitionspartner, die FDP, kämpft um die Existenz. Heute muss sich die Kanzlerin in der Haushaltsdebatte behaupten. Dazu wird aus Karlsruhe ein Urteil zur Griechenland-Hilfe erwartet. Morgen berät das Parlament in erster Lesung über den Euro-Rettungsschirm.

Ist die Mehrheit wirklich in Gefahr?

In den Fraktionen erreichte die Zahl der Euro-Skeptiker eine kritische Größe. 14 stimmten mit Nein und elf enthielten sich. 25 erwägen ernsthaft, Merkel die Gefolgschaft zu verweigern. Der Vorsprung vor der Opposition beträgt 19 Sitze. Zumindest am Montag hat Merkel ihre „eigene Mehrheit“ verfehlt, wenn auch – vorerst – ohne große Folgen.

Was droht, wenn sie verliert?

Eine Kanzlerin, die in so einer Grundsatzfrage ihre Leute nicht hinter sich hat, wäre gescheitert. Sie würde wohl zurücktreten und/oder Neuwahlen anstreben.

Ist der GAU noch zu vermeiden?

Ja. Erstens, wer intern „Nein“ sagt, kann sich trotzdem der Mehrheit seiner Fraktion beugen. Zweitens, bis zu der Schlussabstimmung am 29. September bleiben drei Wochen Zeit für „Überzeugungsarbeit“. Drittens soll der Bundestag mehr Mitspracherechte erhalten – ein zentraler Punkt. Viertens hat die Kanzlerin eine „rote Linie“ markiert: Wenn Griechenland sich nicht an die Auflagen halte, gebe es kein Geld. Auf die Klarstellung haben ihre eigenen Leute gewartet. Fünftens läuft die Aufklärung gerade erst an. Finanzminister Schäuble stellte ein Papier zum Euro zusammen – ein Leitfaden für die Fraktion. Sechstens kann Merkel die „Vertrauensfrage“ stellen. Gerade die FDP-Leute müssten eine Neuwahl fürchten.

Wie groß ist der harte Kern?

Es sind schätzungsweise zwei Liberale und sechs CDU-Leute, die sich weit aus dem Fenster gelehnt haben, darunter Manfred Kolbe, Klaus-Peter Willsch, Frank Schäffler. Sie können nicht anders, als Nein zu sagen.

Und wenn die schwarz-gelbe Mehrheit am 29. September steht? Geht Merkel aus der Abstimmung dann gestärkt hervor?

Vorsicht! Vermutlich schon im Oktober müssen die skeptischen Abgeordneten die nächste Kröte schlucken. Dann geht es um ein weiteres Hilfspaket für Griechenland. Das fällt vielen erst recht schwer. So plädiert FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms für den Ausschluss Griechenlands aus dem Euro-Raum. Für Merkel heißt das: Die nächste Zerreißprobe kommt.