Berlin. . Der Gründer und Chef der Fluggesellschaft Air Berlin, Joachim Hunold, wird zum 1. September seinen Vorstandsposten räumen. Nachfolger soll Ex-Bahn-Chef Mehdorn werden. Zudem hat Hunold ein drastisches Sparprogramm bei der Fluglinie angekündigt.

Der Vorstandsvorsitzende der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin, Joachim Hunold, legt sein Amt nieder. Wie das Unternehmen am Donnerstag nach der Ankündigung eines drastischen Sparprogramms mitteilte, soll der frühere Bahn-Vorstandsvorsitzende Hartmut Mehdorn Interims-Nachfolger von Hunold werden. Der Abschied von Hunold war am Nachmittag perfekt. Der Board of Directors von Air Berlin nahm den überraschenden Rücktritt des 61-Jährigen Firmengründers an, teilte das Unternehmen mit.

Zuvor hatte Hunold am Donnerstagmorgen ein drastisches Sparprogramm angekündigt, um die Fluglinie wirtschaftlich wieder auf die Gewinnschiene zu bringen. Unter anderem sollen einzelne unrentable Strecken unter anderem von den Flughäfen Münster/Osnabrück und Paderborn gestrichen werden. Air Berlin teilte aber mit, dass zunächst keine Auswirkungen auf den Personalbestand von rund 9000 Mitarbeitern erwartet würden.

Für Mehdorn erfüllt sich ein Traum

Hunold tritt zum 1. September zurück. Er sei zu der Überzeugung gekommen, dass ein Führungswechsel das jetzt eingeleitet Sparprogramm nur beschleunigen könne, wird Hunold in der Mitteilung zitiert. Der Manager wolle der Gesellschaft weiterhin als Non-Executive Director verbunden bleiben, hieß es weiter.

Für den 2009 als Bahn-Chef zurückgetretenen Mehdorn erfüllt sich mit Hunolds Vorschlag spät ein Traum: Er hatte nie ein Hehl aus seiner Vorliebe für die Fliegerei gemacht. Oft war die Lufthansa für ihn das Vorbild für die Bahn. Doch sein Plan, dort ein Preissystem analog zur Luftfahrt zu schaffen, scheiterte.

Mehdorn gehört bereits dem Board of Directors von Air Berlin an, ohne bisher operative Aufgaben zu haben. Auf eine solche Rolle will sich Hunold nun zurückziehen. Er hatte es nie geschafft, einen Nachfolger aufzubauen. Mit dem 69-jährigen Mehdorn verbindet ihn eine lange Freundschaft.

Air Berlin ist mit 600 Millionen Euro verschuldet

Der Luftfahrt-Manager Hunold hatte 1990 beim Düsseldorfer Ferienflieger LTU gekündigt, ein Jahr später gründete er mit zwei amerikanischen Flugzeugen sein eigenes Unternehmen: Air Berlin. 2006 brachte er die Fluggesellschaft an die Börse und hält nun nur noch einen kleinen Anteil. Air Berlin ist eine Aktiengesellschaft nach britischem Recht und seit Mai 2006 börsennotiert.

Nach zahlreichen Übernahmen, deren bekannteste die frühere Deutsche BA (dba) war, geht die mit mehr als 600 Millionen Euro verschuldete Air Berlin erstmals auf Schrumpfkurs. „Um profitabel zu werden, müssen wir Einschnitte in unser Streckennetz und in unserer Flotte vornehmen“, sagte Hunold bei der Vorlage der Halbjahres-Zahlen am Donnerstagmorgen. Unrentable Verbindungen wie von Frankfurt nach Hamburg oder von Stuttgart nach Sankt Petersburg sollen wegfallen. In erster Linie betreffe das Sparprogramm aber kleinere Flughäfen wie Münster/Osnabrück, Köln/Bonn oder Paderborn, von denen künftig weniger Air-Berlin-Maschinen starten. Erfurt fällt komplett aus dem Streckennetz. An den Flughäfen Niederrhein und Dortmund hält Air Berlin fest.

Fluglinie konzentriert sich auf seine Drehkreuze

Gleichzeitig wird die Flotte um acht Flugzeuge verkleinert. Damit will die Airline ihre geplanten Kapazitäten um fünf Prozent reduzieren - 2012 sollen gut 16.000 Flüge und 2,2 Millionen Sitzplatz-Kapazitäten wegfallen. Air Berlin will sich auf stark frequentierte Strecken und seine vier europäischen Drehkreuze Berlin, Düsseldorf, Wien und Palma de Mallorca konzentrieren. Zubringerflüge sollen dafür sorgen, dass die großen Interkontinental-Maschinen dort auch voll werden. „Unsere Drehkreuze funktionieren bereits, und wir bauen sie weiter aus“, sagte Hunold.

Mit dem Streichkonzert soll Air Berlin im nächsten Jahr in die Gewinnzone kommen, wie Hunold sagte. Im zweiten Quartal war der Verlust noch auf 32 Millionen von 28 Millionen Euro ein Jahr zuvor gestiegen. In diesem Jahr werde Air Berlin nicht um einen operativen Verlust herumkommen, sagte der Firmengründer. Für die Turbulenzen macht der Lufthansa-Konkurrent den hohen Ölpreis, die neue Luftverkehrssteuer und die Unruhen in Nordafrika verantwortlich. Nach Einschätzung von LBBW-Analyst Per-Ola Hellgren haben diese Faktoren das Geschäftsmodell der Airline zerstört.

Wertpapierschützer kritisieren Führungsstil Hunolds

„Die geplanten Maßnahmen werden möglicherweise nicht ausreichen, um ein positives operatives Ergebnis zum Jahresende zu erreichen, weil einige der Einspareffekte erst im kommenden Jahr wirksam werden“, wird Hunold in der Air-Berlin-Mitteilung vom Morgen zitiert.

Die Reaktionen auf die Personalie fielen unterschiedlich aus. Die Air-Berlin-Aktie notierte am Nachmittag in einem extrem schwachen Gesamtmarkt 1,5 Prozent im Minus. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz kritisierte indirekt den autokratischen Führungsstil Hunolds. Die Probleme von Air Berlin seien "stark geprägt durch die Abhängigkeit von der Unternehmerpersönlichkeit Hunold. Unser Ratschlag war und ist, das Management der Airline auf eine breitere Basis zu stellen".

Die Branche, etwa der Flughafenverband ADV, lobte vor allem die "großartige Aufbauleistung" Hunolds. Er hatte mit zunächst zwei Flugzeugen Anfang der 90er-Jahre Air Berlin gegründet. Die Lufthansa gab dagegen keine Stellungnahme zu der Personalie ab. (rtr/dapd)