Berlin. Im Norden nichts Neues: Bremen bleibt ein rotes Pflaster. Dennoch macht der wachsende Erfolg der Grünen deutlich, wie sehr sich die Wahlarithmetik gewandelt hat - ein Kommentar
Bremen bleibt Bremen. Rot-Grün regiert weitere vier Jahre. So weit, so vertraut. Die SPD hält sich seit 65 Jahren an der Macht. Dennoch enthält das Wahlergebnis Warnungen. Die Grünen haben den Abstand zur SPD verringert. Und: CDU und Grüne sind zusammen stärker. Das sollte reichen, um der SPD Zugeständnisse abzutrotzen, etwa mehr Posten im Senat.
Richtig zugelegt hat die Öko-Partei. Die Großwetterlage ist günstig. Ihre Senatoren Karoline Linnert (Finanzen) und Reinhard Loske (Umwelt) machten auch keine schlechte Figur. Der CDU den Rang abzulaufen, ist eine Leistung und der zweite Streich nach Baden-Württemberg, wo sie die SPD überholt haben.
In Bremen jedenfalls drängt sich die Frage auf, ob die CDU dort noch eine Volkspartei ist. Nach dem Abgang ihres langjährigen Chefs Bernd Neumann ist sie im Umbruch. Die Kandidatin Rita Mohr-Lüllmann kam nicht an. Bürgermeister Jens Böhrnsen erwies sich mit seiner ruhigen und unaufgeregten Art als das stärkste Argument der SPD. Die Bürger konnten sich besser mit ihm als mit der CDU-Kandidatin identifizieren. Sie hat einen zu negativen Wahlkampf geführt. Die Bremer sehen ihre Stadt mit anderen Augen, stolzer. Der relative Erfolg der Linken ist paradox, immerhin dilettiert die Bundespartei, und vermutlich mit Bremer Besonderheiten zu erklären: Mit der auffällig hohen Zahl von Hartz-IV-Empfängern, der niedrigen Wahlbeteiligung und den "Verhältnissen". Soll heißen: In manchen Milieus unterstützt man die Linke, schon um der SPD Beine zu machen.
Und die FDP? Ein Häufchen Elend. Es war für die Bremer irrelevant, dass die Liberalen mit Philipp Rösler einen Neuanfang wagen. Da es in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin auch nicht gut aussieht, wo Wahlen anstehen, kann die Summe der Frusterlebnisse Rösler treffen.
In Berlin werden die Parteien zur Tagesordnung übergehen: Das Ergebnis überrascht nicht, im Bundesrat ändert sich nichts, die NPD zieht nicht in den Landtag ein. Da wird keiner um den Schlaf gebracht. Beunruhigend ist die niedrige Wahlbeteiligung, und das obwohl das Wahlrecht den Bremern mehr Mitsprache denn je einräumte. Bundesweite Beachtung sollte genauso die Herabsetzung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre finden.
Fazit: Die SPD hat nicht wegen, sondern trotz ihrer Bundespartei gewonnen. Die Grünen nehmen der FDP die Rolle des Züngleins an der Waage ab. Und die CDU sollte darob ins Grübeln geraten.