Bremen. . Kaum einer zweifelt am rot-grünen Sieg bei der Landtagswahl in Bremen. Aber das Wahlrecht für 16-Jährige und die Rolle der NPD sind Unwägbarkeiten. Die Nationalisten könnten sogar zum ersten Mal seit 40 Jahren in einen westdeutschen Landtag einziehen.
Seit 65 Jahren regiert die SPD Bremen, aktuell mit den Grünen. Daran dürfte sich am Sonntag wenig ändern. Von einer Wechselstimmung ist nichts zu spüren, weder in den Umfragen noch im Wahlkampf.
Zwar haben Bremerhaven und Bremen kaum mehr Wähler als Dortmund oder Essen. Dennoch ist der Urnengang überregional relevant. Erstmalig dürfen 16- und 17-Jährige abstimmen. Das könnte Schule machen. Dass sich CDU und Grüne ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, hat ebenfalls Seltenheitswert. „ Mein Wahlziel ist, über 20 Prozent zu kommen“, so die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert.
NPD lässt aufhorchen
Auch das Abschneiden der NPD könnte über Bremen hinaus aufhorchen lassen. In Bremerhaven gilt nicht die Fünf-Prozent-Hürde, so dass man es mit rund 2000 Stimmen in die Bremer Bürgerschaft schaffen kann. Dann wäre die NPD das erste Mal seit 40 Jahren in einem westdeutschen Landtag.
Nicht rechtsradikal, allerdings sonderbar sind die „Bürger in Wut“ oder „Bremer und Bremerhavener“, die den etablierten Parteien Stimmen abjagen. Die FDP kämpft um den Wiedereinzug in die Bürgerschaft. Mit dem 33 Jahre alten Oliver Möllenstädt versucht sie einen Neuanfang.
Bremen ist berüchtigt für seine Negativrekorde: Die höchste Staatsverschuldung pro Kopf, Schlusslicht bei Pisa, höchste Arbeitslosenquote im Westen, bundesweit der zweithöchste Anteil an Hartz-IV-Empfängern. Wer dies wie die CDU-Kandidatin Rita Mohr-Lüllmann thematisiert, hat es schwer, zumal ihre Partei jahrelang Partner der SPD war. Mohr-Lüllmann wie Möllenstädt spüren, dass sich die Bürger gut eingerichtet haben, müde regiert wurden, wie die CDU-Frau sagt.
100 Millionen Euro Schulden pro Monat
Die SPD verkörpert als Partei das Wir-Gefühl, „Echt Bremen“ lautet ihr Slogan. Im Wahlkampf wird die CDU schon mal „als fünfte Kolonne Bayerns“ bezeichnet. Sie klagte gegen den Haushalt. Spielt sie deswegen schon den Geberländern wie Bayern in die Hände? Bremen macht jeden Monat 100 Millionen Euro neue Schulden. Völlig erfolglos war der Strukturwandel nach der Werftenkrise auch nicht. In Bremen sitzen das zweitgrößte Mercedes-Werk, die zweitgrößte europäische Produktionsstätte von Airbus.
Ein lauer Wahlkampf geht zu Ende, zumal CDU und Rot-Grün ein zehnjähriges Moratorium in der Schulpolitik unterschrieben haben. Es wirkt politisch wie ein Stillhalteabkommen. Ohnedies fällt der CDU-Kandidatin die Polarisierung schwer. Sie fordert Jens Böhrnsen heraus, den Bürgermeister. Er ist der Sohn eines legendären Betriebsratschefs und ein waschechter Bremer, der seine Heimatstadt nur fürs Studium verließ. Er ist viel bekannter, setzt ganz auf seine Popularität. Mit den Grünen hat er sich arrangiert. Die SPD ist die dominante Kraft, stärker als ihre 36,7 Prozent bei der letzten Wahl. Gegen sie läuft in Bremen wenig.