Tokio. . Japanische Einsatzkräfte haben am Donnerstag erstmals die verstrahlte Zone im Umkreis von zehn Kilometern um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima nach Tsunami-Opfern durchsucht. Unterdessen hat Kaiser Akihito die Evakuierten besucht.
Zum ersten Mal seit dem Tsunami vor über einem Monat hat der japanische Kaiser am Donnerstag das Katastrophengebiet besucht. In der Stadt Asahi, rund 90 Kilometer östlich von Tokio, besuchten Kaiser Akihito und Kaiserin Michiko zwei Notunterkünfte. Dabei machten sie sich auch ein Bild von den Verwüstungen in der Stadt an der Pazifikküste.
Bei ihrem Besuch suchten der Tenno und seine Frau direkten Kontakt zu den Evakuierten und das Gespräch mit ihnen. Die Überlebenden der Naturkatastrophe verbeugten sich vor dem kaiserlichen Paar, manche wischten sich Tränen aus den Augen.
In Asahi waren bei dem Unglück am 11. März 13 Menschen ums Leben gekommen und rund 3000 Häuser zerstört oder beschädigt worden. Für die kommenden Wochen sind weitere Besuche des Kaiserpaars im Katastrophengebiet geplant.
Die japanische Polizei begann am Donnerstag erstmals mit der Suche nach Leichen innerhalb eines Radius von zehn Kilometern rund um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi. Sinkende Strahlenwerte hätten die Suche im näheren Umkreis der Atomanlage nun zugelassen, teilte die Polizei mit.
Hunderte von Beamten samt Schutzkleidung wurden in das Katastrophengebiet entsandt. „Wir müssen vorsichtig arbeiten, um unsere Schutzanzüge nicht an den Metall- und Betontrümmern zu beschädigen, die überall in dem Gebiet verstreut sind“, teilte die Polizei angesichts der besonderen Bedingungen vor Ort mit.
Erst die Hälfte der vermuteten Toten gefunden
Die Polizei vermutet, dass sich in dem Gebiet 1000 Leichen von Vermissten befinden, die bei dem Tsunami am 11. März ums Leben gekommen sind. Bislang wurden 13.000 Leichen entdeckt, tatsächlich gehen Schätzungen aber von rund 26.000 Todesopfern bei der schweren Naturkatastrophe im Nordosten des Landes aus. Fast 140.000 Menschen leben in Notunterkünften, nachdem sie ihre Häuser verloren haben oder zum Verlassen der Evakuierungszone aufgefordert wurden.
Arbeiten im Problem-Reaktor
Unterdessen sorgen die weiteren Rückschläge bei den Reparaturarbeiten in dem Atomkraftwerk für Ärger und Frustration bei den Bewohnern. „Ich bin körperlich und mental erschöpft“, sagt Yoshihisa Kato. Dem 66-Jährigen gehört ein Laden in der Stadt Kawamata, 45 Kilometer nordwestlich der Atomanlage. Ein Gebiet also, in dem die Menschen sich nun sorgen, ebenfalls evakuiert zu werden.
Die Regierung und Kraftwerksbetreiber Tepco nannte Kato Lügner, weil sie den von der Katastrophe betroffenen Unterstützung und Geld versprochen hätten. „Bis jetzt haben sie nichts getan, um uns zu helfen“, sagte er. Sollte die Regierung auch die Evakuierung seiner Stadt anordnen, habe er vor, trotzdem zu bleiben, fügte er hinzu.
Fast jeden Tag eine Beerdigung
„Ich gehe fast jeden Tag zu Beerdigungen, weil viele ältere Menschen aus meiner Nachbarschaft aufgrund von Schocks und Erschöpfung gestorben sind“, sagt Kato, dessen Geschäft schwer unter der Flucht vieler Bewohner gelitten hat.
Die japanische Regierung hatte den Atomunfall von Fukushima zu Beginn dieser Woche offiziell in dieselbe Kategorie eingestuft wie das Reaktorunglück in Tschernobyl 1986. Allerdings ist in Fukushima bislang nur ein Zehntel der in Tschernobyl emittierten Strahlung freigesetzt worden. Derzeit ringen die Arbeiter in Fukushima damit, die Reaktoren zu stabilisieren, deren Kühlsysteme durch den Tsunami beschädigt wurden.
Hidehiko Nishiyama von der japanischen Atomsicherheitsbehörde räumte am Donnerstag eine weitere Panne bei der Kühlung der Brennstäbe im AKW Fukushima-Daiichi ein. Versehentlich sei Wasser in ein Überlaufbecken eines Abklingbeckens geflossen, weswegen die Instrumente angezeigt hätten, dass das Hauptbecken voll sei.
Daraufhin sei die Zufuhr frischen Wassers für mehrere Tage eingestellt worden. Erst am Mittwoch sei sie wieder aufgenommen worden. Die Temperatur und die Strahlungswerte in dem Becken seien während der Pause gestiegen, man gehe aber davon aus, dass die Brennstäbe die gesamte Zeit über mit Wasser bedeckt gewesen seien. (dapd)