Schwalmtal. Nach der Schießerei mit drei Toten und einem Schwerverletzten in Schwalmtal am Niederrhein gilt ein 71-Jähriger als dringend tatverdächtig. Der Rentner bestreitet jedoch die Vorwürfe gegen ihn. Die Bewohner von Schwalmtal stehen unter Schock.

Die Blutspuren vor dem schmucken Eigenheim im rheinischen Schwalmtal sind auch einen Tag nach der Familientragödie noch deutlich zu erkennen. «Es ist einfach nur schrecklich», sagt Hans Jürgen Heinrichs, der das Verbrechen von seinem Nachbarhaus aus am Dienstag hautnah miterlebte. Anwohner haben Blumen und Kerzen vor dem Absperrband der Polizei niedergelegt, schütteln im Vorbeigehen fassungslos den Kopf. Das kleine Schwalmtal-Amern mit seinen 8.000 Einwohnern ist in einem Schockzustand.

«Wir sind doch so ein ruhiger Ort hier, wer erwartet denn eine solche Tragödie vor der eigenen Haustür?», fragt Tankstellenbesitzer Hans-Paul Gisbertz. In seinem kleinen Shop gibt es an Mittwochmorgen kein anderes Thema. «So viel Polizei und Kameras, ich dachte, ich bin im falschen Film, es war einfach nur fürchterlich», sagt eine Kundin, während sie ihre Tankrechnung bezahlt.

Bei der Familientragödie waren am Dienstagnachmittag drei Menschen erschossen und ein weiterer lebensgefährlich verletzt worden. Der Todesschütze ist nach ersten Erkenntnissen ein 71-jähriger Rentner, der bei einem Gutachter-Termin im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung der Wohnung seiner Tochter wild um sich geschossen haben soll.

Schütze ergibt sich erst nach Stunden

Erst nach mehreren Stunden gab der Mann auf und ließ sich widerstandslos festnehmen. Zu den Toten zählt auch ein Mitarbeiter des Katasteramtes des Kreises Viersen.

«Ich werde da einfach nicht schlau draus», sagt ein Nachbar. «Das war eine ruhige Familie», sagt der 81-Jährige. Andere berichten dagegen von «häufigem Zoff» in dem Nachbarhaus. Auch die Polizei sei bereits öfter dagewesen, sagt Hans Jürgen Heinrichs. Nach der Trennung des Ehepaares habe nur noch die Frau in dem Eigenheim gewohnt. Laut «Bild-Zeitung» war der geschiedene Mann der Wohnungsbesitzerin aus Angst vor seinem gewalttätigen Ex-Schwiegervater erst gar nicht zu dem Gutachter-Termin am Dienstag erschienen.

Waltraud Ravichandran, die ebenfalls in der Nähe des Tatortes wohnt, hatte vor allem große Angst um ihre 16-jährige Tochter. «Sie war unterwegs, und ich habe sie zunächst nicht erreichen können», sagt die 40-Jährige. «Es wusste ja keiner, ob der Mann nicht auch draußen noch um sich schießt.»

Nichts ist wie es einmal war

Für eine andere Mutter von zwei kleinen Kindern ist nach der Bluttat in Schwalmtal nichts mehr so, wie es einmal war. «Alle reden nur noch über diese schreckliche Geschichte, selbst im Kindergarten», sagt die 25-Jährige. «Ich habe jetzt ein ganz mulmiges Gefühl, wenn ich mit meinem Kinderwagen über die Straße gehe.» Bis Amern wieder der ruhige Wohnort von früher werde, dürfte wohl noch einige Zeit vergehen, sagt auch Tankstellenbesitzer Hans-Paul Gisbertz. (ap)