Tokio. .
Der japanische Staat muss Tepco, den Betreiber des havarierten Atomkraftwerks Fukushima 1, womöglich mit Steuergeld stützen. Dem Konzern drohe sonst während seines Kampfes gegen die größte Nuklear-Katastrophe des Landes die Pleite, berichteten japanische Medien.
Arbeiten im Problem-Reaktor
Regierungssprecher Yukio Edano bestätigte entsprechende Überlegungen. Ohne staatliche Hilfe werde Tepco vermutlich nicht in der Lage sein, die Stromversorgung aufrecht zu halten und gleichzeitig hohe Prozesskosten und Entschädigungen zu zahlen, die aufgrund des Atom-Unglücks auf den Konzern zukommen, berichtete die Zeitung „Mainichi Shimbun“.
Der AKW-Betreiber Tepco werde für die Schäden zahlen müssen, betonte Ministerpräsident Naoto Kan. Eine Verstaatlichung des Konzerns strebe die Regierung zwar nicht an. Angesichts erwarteter Entschädigungsforderungen in Milliardenhöhe werde der Staat allerdings nicht um Finanzhilfen an das Unternehmen herumkommen. Beobachter erwarten für Tepco massive Verluste und weiter steigende Kosten im Kampf gegen die nukleare Katastrophe.
Japan gibt Gebiet um den Reaktor auf
Drei Wochen nach Beginn des Atomdesasters in Japan wächst im Unglücksgebiet die Angst vor einer langanhaltenden Strahlenkatastrophe: Die Anwohner des havarierten Atomkraftwerks Fukushima werden möglicherweise nie wieder in ihre Häuser zurückkehren können. Die Evakuierung des Katastrophengebiets sei langfristig angelegt, sagte Regierungssprecher Edano.
Atomaufsicht kritisiert Schutz der Arbeiter
Die japanische Atomaufsichtsbehörde hat die Betreibergesellschaft des beschädigten Atomkraftwerks Fukushima wegen eines mangelhaften Schutzes der Arbeiter vor radioaktiver Strahlung kritisiert. Der Betreiber Tepco sei aufgefordert worden, alles zu tun, um die Arbeiter vor der Strahlung zu schützen, sagte Behördensprecher Hidehiko Nishiyama. Demnach hatte Tepco die Arbeiter nach dem verheerenden Erdbeben und anschließenden Tsunami vom 11. März nicht mit genügend Strahlenmessgeräten ausgestattet.
Nach Angaben der Atomsicherheitsbehörde gingen die meisten Messgeräte verloren, als die Tsunamiwelle über das Kraftwerk hinwegrollte. Die Zahl der Messgeräte sei von ursprünglich 5000 auf 320 gesunken. Tepco habe die Arbeiter daraufhin in Teams eingeteilt und ein Messgerät pro Gruppe ausgegeben, um die Strahlenbelastung in der jeweiligen Arbeitsumgebung zu messen. Inzwischen habe Tepco wieder genügend Messgeräte, um jeden Arbeiter mit einem Gerät auszustatten.
Insgesamt sind etwa 500 Arbeiter sowie Feuerwehrleute und Soldaten daran beteiligt, die Situation in dem Kraftwerk unter Kontrolle zu bekommen. Nach Angaben der Atomsicherheitsbehörde wurden bislang 21 Arbeiter einer Strahlung über 100 Millisievert ausgesetzt. Mehrere Helfer mussten ins Krankenhaus gebracht werden.
Große Mengen Radioaktivität
Aus den Reaktor-Ruinen tritt mittlerweile in großen Mengen Radioaktivität aus. Meer- und Grundwasser sind stark verstrahlt, weshalb Russland ein teilweises Einfuhrverbot für Fisch und Meerestiere aus Japan erwägt. Um das AKW gilt bislang eine Sperrzone von 20 Kilometern, wovon mehr als 70.000 Menschen betroffen sind. In einem Umkreis von weiteren zehn Kilometern wird den Einwohnern lediglich empfohlen, das Gebiet zu verlassen oder nicht ins Freie zu gehen.
Nach UN-Angaben wurden aber auch in einem Dorf 40 Kilometer von Fukushima entfernt hohe Strahlungswerte gemessen. Nach Einschätzung von Experten könnte der Boden im Unglücksgebiet über Jahrzehnte verseucht sein.
Auch deshalb haben die UN-Atomenergiebehörde (IAEA) und die die japanische Nuklearaufsicht der Regierung zu einer Ausweitung der Evakuierungszone geraten. Würde die Sperrzone um nur zehn Kilometer erweitert, müssten 136.000 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Dies dürfte die Behörden allerdings vor eine logistische Herausforderung stellen. Auch deshalb warnt die Regierung vor Überreaktionen. Wegen der als zu zögerlich empfundenen Krisenpolitik wächst die Kritik an Kan aber stetig.
Deutsche Großpumpen
Zur Kühlung der beschädigten Reaktoren wurden jetzt zwei Großpumpen aus den USA angefordert, die von der deutschen Firma Putzmeister gebaut wurden. Das Unternehmen hat bereits kleinere Geräte nach Japan geschickt. Die beiden Großpumpen werden nun für den Einsatz in Japan nachgerüstet. „Sie können das Wasser direkt auf die Quelle der höchsten Strahlung leiten“, sagte der Bauunternehmer Jerry Ashmore, der mit den Maschinen bereits gearbeitet hat.
Die Geräte werden üblicherweise auf Großbaustellen zum Spritzen von Zement eingesetzt und gelten als die weltweit größten ihrer Art. Die jeweils 86 Tonnen schweren Pumpen könnten später wieder umgebaut und zum Einbetonieren der Reaktoren eingesetzt werden, sagte Kelly Blickle, Sprecherin von Putzmeister America im US-Staat Wisconsin. Die Großpumpen sollen am 9. April an den Flughäfen von Los Angeles und Atlanta verladen und anschließend nach Japan geflogen werden. (afp/dapd/rtr)