Sendai. .
Während der Wert von radioaktivem Jod im Meerwasser in der Nähe des havarierten Reaktors im japanischen Fukushima auf das 3355-fache über dem zulässigen Höchstwert geklettert ist, nimmt sich Tepco-Chef eine Auszeit.
Die Auswirkungen der Atomkatastrophe im japanischen Akw Fukushima 1 auf die Umwelt werden immer gravierender: Im Meerwasser nahe der Anlage wurde ein neuer Höchstwert von radioaktivem Jod 131 gemessen. Während die Regierung in Tokio am Mittwoch die Überprüfung aller Atomreaktoren des Landes anordnete, forderte die Umweltschutzorganisation Greenpeace eine Ausweitung der Evakuierungszone um Fukushima von derzeit 20 auf 40 Kilometer.
Wie der Akw-Betreiber Tepco mitteilte, wurde in einer rund 300 Meter südlich der Anlage im Pazifik entnommenen Probe eine Jod-131-Konzentration gemessen, die um das 3355-fache über dem zulässigen Höchstwert liegt. Zuletzt war vor einigen Tagen eine Erhöhung des Wertes um das 1850-fache gemessen worden.
Die japanische Regierung erwägt inzwischen laut einem Medienbericht, drei beschädigte Reaktoren des Atomkraftwerks mit Planen abzudecken, um die Verbreitung von radioaktiven Teilchen zu vermindern. Außerdem sei vorgesehen, radioaktiv verseuchtes Wasser aus der Anlage in ein Tankschiff abzusaugen, berichtete die Zeitung „Asahi Shimbun“. Regierungssprecher Yukio Edano wollte keine Maßnahme ausschließen.
Roboter sollen verseuchte Gebiete filmen
Die USA haben inzwischen mehrere Roboter zur Verfügung gestellt, die auch in den stark radioaktiv verseuchten Bereichen von Fukushima 1 zu Einsatz kommen können. Die bei Kampfeinsätzen in Afghanistan und im Irak erprobten Roboter können Filmaufnahmen erstellen und Geröll wegräumen.
Am Mittwoch sollten zudem fünf Experten des französischen Atomkonzerns Areva in Japan eintreffen, um bei der Eindämmung der Katastrophe zu helfen. Auch Areva-Chefin Anne Lauvergeon wollte nach Japan reisen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wird am Donnerstag als erster ausländischer Staatschef nach der Atomkatastrophe in Japan erwartet.
Arbeiten im Problem-Reaktor
An dem Atomkraftwerk waren nach dem schweren Erdbeben und dem darauffolgenden Tsunami vom 11. März die Kühlsysteme ausgefallen, bei Explosionen und Bränden wurden mehrere Reaktorgebäude beschädigt. Betreiber und Behörden versuchen seitdem verzweifelt, eine Ausweitung der Katastrophe zu verhindern. In Bodenproben auf dem Gelände wurde inzwischen auch hochgiftiges Plutonium gefunden.
Greenpeace kritisiert japanische Regierung
Greenpeace veröffentlichte eigene Messungen aus der Umgebung des Akw. Demnach wurden auch in 40 Kilometern Entfernung der Anlage „hohe Strahlenwerte“ gemessen. Die japanische Regierung unterlasse es, „die Menschen zu schützen, sie aus der Gefahrenzone zu bringen oder auch nur angemessen zu informieren“, kritisierte die Umweltschutzorganisation.
Japans Wirtschaftsminister Banri Kaieda forderte in einem Schreiben an Stromversorger und Akw-Betreiber eine dringende Überprüfung aller Kernkraftwerke. In dem nahe Fukushima 1 gelegenen Akw Fukushima 2 kam es nach einem Kurzschluss zu einem Brand in einem Maschinenraum, der aber gelöscht werden konnte, wie Tepco mitteilte. Die vier Reaktoren des Akw waren nach dem Erdbeben heruntergefahren worden.
Tepco-Chef Masataka Shimizu wurde derweil am Dienstagabend in eine Klinik eingeliefert, wie das Unternehmen bestätigte. Laut Medienberichten litt er unter Bluthochdruck und Schwindel. Der 66-Jährige war bereits fünf Tage nach dem Beginn der Katastrophe erkrankt und hatte sich eine Auszeit genommen. (afp)