New York. . Der Druck auf den libyischen Despoten nimmt zu. Auch der UN-Sicherheitsrat einigte sich auf Sanktionen gegen Libyen: Waffenembargo, Kontensperrung und Reiseverbote für die Führungsriege um den Despoten.

Wegen der anhaltenden Gewalt in Libyen wächst der internationale Druck auf Machthaber Muammar Gaddafi. US-Präsident Barack Obama und Kanzlerin Angela Merkel forderten den Staatschef am Samstag zum Rückzug auf. Er habe jegliche Legitimität verloren, erklärten die beiden Politiker nach einem Telefongespräch. Die US-Regierung erklärte zudem, Merkel und Obama seien sich einig, dass Gaddafi zur Verantwortung gezogen werden müsse.

Deutschland, Großbritannien und Frankreich hatten am Samstag mit Militärmaschinen Hunderte Ausländer aus Libyen ausgeflogen. Die Bundeswehr schickte etwa von der griechischen Insel Kreta zwei "Transall"-Maschinen in das Landesinnere. Die britische Luftwaffe brachte etwa 150 Ölarbeiter mit zwei "Hercules"-Maschinen nach Malta. Nach einem Bericht von des Fernsehsenders Sky News wurden dabei auch Spezialkräfte eingesetzt.

Bundeswehr bringt Ausländer in Sicherheit

Allein die Bundeswehr brachte am Samstag nach Angaben des Auswärtigen Amtes 132 Ausländer in Sicherheit, darunter Dutzende Deutsche und EU-Bürger. Nach Schätzungen des Ministeriums befinden sich noch etwa 100 Deutsche in Libyen, die Hälfte davon im Landesinnern. Westerwelle hatte die Aktion den Angaben zufolge am Freitag mit Merkel und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg abgestimmt. Zudem seien die Vorsitzenden aller Bundestagsfraktionen informiert worden.

Als Reaktion auf die eskalierende Gewalt in Libyen verhängte der UN-Sicherheitsrat auf einer Sondersitzung am Samstag (Ortszeit) Sanktionen gegen das Regime in Tripolis. Die Vertreter der 15 Mitgliedsstaaten stimmten geschlossen für ein Waffenembargo, Reisebeschränkungen für führende Mitglieder der libyschen Regierung und das Einfrieren von Auslandsvermögen der Gaddafi-Familie.

Demnach sollen die Konten des libyschen Staatschefs Muammar al Gaddafi und seiner fünf erwachsenen Kinder gesperrt werden. Zudem wurden Reiseverbote für die gesamte Gaddafi-Familie und zehn führende Mitglieder des Regimes verhängt.

Der UN-Sicherheitsrat erklärte außerdem den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag für zuständig, die Ermittlungen über die blutige Niederschlagung der Proteste in Libyen aufzunehmen.

Keine Militärintervention in Libyen

Eine zuvor diskutierte Flugverbotszone über Libyen wurde vom UN-Sicherheitsrat nicht beschlossen. Auch eine militärische Intervention unter UN-Mandat ist nicht vorgesehen. Die Nato schloss ein Eingreifen in Libyen ebenfalls aus.

Der Sicherheitsrat verurteile die „systematische Verletzung der Menschenrechte, darunter die Unterdrückung friedlicher Demonstranten“, hieß es in einer Stellungnahme. Die Mitglieder sprachen sich zudem gegen die „Anstiftung zu Feindseligkeit und Gewalt gegen die Zivilbevölkerung durch höchste Regierungsebenen in Libyen“ aus.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßte das einstimmige Votum des Sicherheitsrats. „Der Text macht deutlich, dass massive Menschenrechtsverletzungen nicht toleriert und die Verantwortlichen für schwere Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte Ban. „Ich hoffe, dass das Regime in Libyen diese Botschaft hört und beherzigt.“

„Deutliche Botschaft an libysche Führung“

Der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant nannte den Beschluss eine „eindrückliche Äußerung der tiefen Sorge der internationalen Gemeinschaft.“ US-Botschafterin Susan Rice sprach von einer „deutlichen Botschaft an die libysche Führung, dass das schreckliche Morden aufhören muss.“

Muammar al Gaddafi

Auf den Straßen von Bengasi...
Auf den Straßen von Bengasi...
...feiern die Menschen den Einzug...
...feiern die Menschen den Einzug...
... der libyschen Rebellen nach Tripolis. Viele der feiernden Menschen...
... der libyschen Rebellen nach Tripolis. Viele der feiernden Menschen...
... dürften den gleichen Wunsch haben: Diese Männer bringen ihn mit einem selbst gemalten Plakat deutlich zur Geltung. 42 Jahre...
... dürften den gleichen Wunsch haben: Diese Männer bringen ihn mit einem selbst gemalten Plakat deutlich zur Geltung. 42 Jahre...
... Regierungszeit machten  Muammar al Gaddafi zu Afrikas dienstältestem Herrscher, er selbst nannte sich deshalb den
... Regierungszeit machten Muammar al Gaddafi zu Afrikas dienstältestem Herrscher, er selbst nannte sich deshalb den "König der afrikanischen Könige". Oberst Gaddafi, nach eigenen Worten 1942 in einem Beduinenstamm ... © AP/Sergei Grits
... in der Wüste nahe der Stadt Surt geboren, putschte sich im September 1969 unblutig an die Macht und rief wenige Jahre später den
... in der Wüste nahe der Stadt Surt geboren, putschte sich im September 1969 unblutig an die Macht und rief wenige Jahre später den "Staat der Massen" aus. Der regiert sich ... © AP/Francois Mori
... zumindest in der Theorie selbst und braucht folglich keinen Staatschef, weshalb Gaddafi sich nie so nennen ließ.
... zumindest in der Theorie selbst und braucht folglich keinen Staatschef, weshalb Gaddafi sich nie so nennen ließ. © REUTERS
Zu den harmlosen Sonderlichkeiten des Revolutionsführers gehört das berühmte Beduinenzelt, das er selbst zu Staatsbesuchen ins Ausland mitnimmt, weil er nicht in einem Haus schlafen mag. Eine weitere Schrulle ...
Zu den harmlosen Sonderlichkeiten des Revolutionsführers gehört das berühmte Beduinenzelt, das er selbst zu Staatsbesuchen ins Ausland mitnimmt, weil er nicht in einem Haus schlafen mag. Eine weitere Schrulle ... © REUTERS
... ist die frische Kamelmilch, auf die er morgens nicht verzichten mag, weshalb immer auch ein paar Kamelstuten mit ins Flugzeug müssen, wenn er auf Reisen geht.
... ist die frische Kamelmilch, auf die er morgens nicht verzichten mag, weshalb immer auch ein paar Kamelstuten mit ins Flugzeug müssen, wenn er auf Reisen geht. © REUTERS
Seine Herrschaft konnte Gaddafi aber nur mit eiserner Hand festigen. Politische Gegner wurden gnadenlos unterdrückt. Zugleich achtete er bei der Verteilung ...
Seine Herrschaft konnte Gaddafi aber nur mit eiserner Hand festigen. Politische Gegner wurden gnadenlos unterdrückt. Zugleich achtete er bei der Verteilung ... © REUTERS
... von Macht und Posten darauf, dass die komplizierte Stammesstruktur seines Landes nicht aus dem Gleichgewicht geriet. Ablehnung und Protest war Gaddafi daher während seiner Herrschaft bisher nur außerhalb seiner Heimat gewohnt.
... von Macht und Posten darauf, dass die komplizierte Stammesstruktur seines Landes nicht aus dem Gleichgewicht geriet. Ablehnung und Protest war Gaddafi daher während seiner Herrschaft bisher nur außerhalb seiner Heimat gewohnt. © REUTERS
Zum internationalen Paria wurde Gaddafi nach einer Serie von Anschlägen, die seinem Regime zugeschrieben wurden.
Zum internationalen Paria wurde Gaddafi nach einer Serie von Anschlägen, die seinem Regime zugeschrieben wurden. © REUTERS
Anfang der 90er Jahre verhängten die Vereinten Nationen ein Handelsembargo. Jahrelang hielt Gaddafi dem Druck stand, doch im Frühjahr 2003 entschädigte er dann die Opfer der beiden Flugzeuganschläge, ...
Anfang der 90er Jahre verhängten die Vereinten Nationen ein Handelsembargo. Jahrelang hielt Gaddafi dem Druck stand, doch im Frühjahr 2003 entschädigte er dann die Opfer der beiden Flugzeuganschläge, ... © REUTERS
... wenig später schwor er öffentlich seinem Rüstungsprogramm ab. Im darauffolgenden Jahr zahlte die Gaddafi-Stiftung auch Entschädigungen an die Opfer des La-Belle-Anschlags.
... wenig später schwor er öffentlich seinem Rüstungsprogramm ab. Im darauffolgenden Jahr zahlte die Gaddafi-Stiftung auch Entschädigungen an die Opfer des La-Belle-Anschlags. © AFP
Damit vollzog Gaddafi eine radikale Kehrtwende und streckte die Hand nach dem Westen aus. Libyen wurde wieder hoffähig, die UNO hob das Embargo auf. Internationale Konzerne standen ...
Damit vollzog Gaddafi eine radikale Kehrtwende und streckte die Hand nach dem Westen aus. Libyen wurde wieder hoffähig, die UNO hob das Embargo auf. Internationale Konzerne standen ... © REUTERS
... fortan in Tripolis Schlange, um Geschäfte mit dem viertgrößten afrikanischen Ölproduzenten einzufädeln. Die Europäer machten ihn zum Partner, um Flüchtlingsströme aus Afrika einzudämmen.
... fortan in Tripolis Schlange, um Geschäfte mit dem viertgrößten afrikanischen Ölproduzenten einzufädeln. Die Europäer machten ihn zum Partner, um Flüchtlingsströme aus Afrika einzudämmen. © REUTERS
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Der französische UN-Botschafter lobte vor allem die Übertragung des Falls Libyen an den ICC. „Der Wind der Freiheit und des Wechsels weht durch die arabische Welt. Ich glaube, der Sicherheitsrat hat erfolgreich auf die neue Ära in den internationalen Beziehungen geantwortet“, sagte Gerard Araud.

Auch der stellvertretende libysche UN-Botschafter Ibrahim Dabbaschi begrüßte die Entscheidung des UN-Sicherheitsrats. Gemeinsam mit anderen Diplomaten der libyschen UN-Vertretung hatte er sich zuvor von Gaddafis Regierung losgesagt. Das Votum sei „moralische Unterstützung für unser Volk“ und könne dabei helfen „das faschistische Regime in Tripolis“ zu besiegen, sagte Dabbaschi. (ap)