Düsseldorf. .
In NRW leben nach Angaben des Gesundheitsministeriums mindestens 5600 Frauen, die genital verstümmelt wurden oder noch beschnitten werden sollen. Als erstes Bundesland bietet NRW Frauen und Mädchen eine telefonische Beratung an.
In Nordrhein-Westfalen leben nach Angaben des Gesundheitsministeriums mindestens 5600 Frauen, die genital verstümmelt wurden oder noch beschnitten werden sollen. Die Frauen haben zumeist einen Migrationshintergrund. Beschneiderinnen reisen dafür extra aus afrikanischen Ländern ein und gehen hier unerkannt ihrem blutigen Handwerk nach. Preis pro Eingriff: 1500 bis 2000 Euro. Die jungen Frauen bezahlen den Eingriff mit gravierenden gesundheitlichen Folgen. Geburten verlaufen oft mit Komplikationen.
Als erstes Bundesland bietet Nordrhein-Westfalen betroffenen Frauen und Mädchen eine telefonische Beratung an. Diese Hilfe wird offenbar dringend benötigt: Die Beratungsstelle „Stop Mutilation“ in Düsseldorf registriert seit Jahren immer mehr Anfragen von verängstigten Frauen. Anonym und in sechs Sprachen läuft die neue Telefonberatung „Kutairi“. Auch Familienangehörige, Lehrer, Erzieher und Ärzte sind aufgefordert, sich zu melden.
Druck der Traditionen
„Das, was da mit Kindern in einem Alter passiert, in dem sie eigentlich behütet und beschützt werden müssten, ist skandalös“, sagte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne). Die Kinder und Mädchen stünden häufig unter hohem kulturellen und familiären Druck, ihre Traditionen fortzusetzen. Meist werden Mädchen schon in einem Alter von fünf bis zehn Jahren beschnitten, in den letzten Jahren sogar zunehmend Kleinkinder. Entweder werden die Kinder zur Beschneidung nach Afrika gebracht, oder die meist mit primitiven Hilfsmitteln durchgeführte „Operation“ wird gleich hier an Rhein und Ruhr durchgeführt.
Die Betroffenen haben in der Regel Angst, sich in Deutschland Nachbarn, Lehrern, der Polizei oder anderen Behörden anzuvertrauen. „Rat und Hilfe müssen also aus der afrikanischen Community selbst kommen“, sagten Barbara Steffens und die Betreiberin der Telefonberatung, Jawahir Cumar. Eine Beratung durch afrikanischstämmige Frauen werde besser angenommen. Hilfesuchende erhalten nicht allein Informationen über ihre Rechte, die Betreiber der Hotline schalten auch, wenn es nötig ist, die Jugendämter ein.
Die Zahl von 5600 in Nordrhein-Westfalen von Genitalverstümmelung Betroffenen ist das Ergebnis einer Hochrechnung auf Basis von Migrationszahlen. Experten glauben aber, dass es noch viel mehr Opfer an Rhein und Ruhr gibt. Denn Migrantinnen, die inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen haben, sind in dieser Rechnung nicht berücksichtigt.