Heinsberg. Trotz Bedenken von Gutachtern bleibt der mehrfache Vergewaltiger Karl D. vorerst auf freiem Fuß. Das Oberlandesgericht München lehnte eine nachträgliche Sicherungsverwahrung ab. Der Sexualstraftäter lebt in Heinsberg. Betroffene Bürger protestieren seit Wochen gegen seine Freilassung.

Der in Heinsberg lebende verurteilte Sexualstraftäter Karl D. muss vorläufig nicht erneut ins Gefängnis. Das Oberlandesgericht München entschied am Donnerstag, dass die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Aufhebung des Unterbringungsbefehls unbegründet ist. Zum Schutz der Bevölkerung hatte die Staatsanwaltschaft München eine nachträgliche Sicherungsverwahrung für Karl D. beantragt. In Heinsberg, wo der Mann derzeit lebt, gibt es seit Wochen Bürgerproteste gegen seine Freilassung.

Karl D. war in den 80er Jahren wegen der Vergewaltigung eines Mädchens in Bayern zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Nach seiner Entlassung vergewaltigte er in den 90er Jahren erneut zwei Mädchen, die er zudem am Unterleib verstümmelte. Nach 14 Jahren Gefängnis wurde er aus der Haft in Bayern entlassen. Weil das Landgericht München eine Sicherungsverwahrung aufhob, kam D. vor einigen Wochen auf freien Fuß. Er zog zu seinem Bruder ins nordrhein-westfälische Heinsberg, wo seitdem die Einwohner protestieren.

Die Staatsanwaltschaft München hatte nach Verbüßung der Haftstrafe vergeblich beim Landgericht eine Unterbringung in der Psychiatrie beantragt. Dabei hatten Gutachter erklärt, D. sei rückfallgefährdet. Unter Einbeziehung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse schätzten sie die von ihm ausgehende Gefahr höher ein als in früheren Gutachten.

"Unsere Richter sind machtlos"

Weil es aber seit der letzten Verurteilung von Karl D. keine «neuen Tatsachen» gebe, bestehe derzeit keine rechtliche Möglichkeit, nachträglich die Sicherungsverwahrung anzuordnen, erklärte das Oberlandesgericht München. Auch Drohungen gegen seine Opfer, die Karl D. gegenüber Mithäftlingen geäußert haben soll, habe es früher schon gegeben. «Eine neue sachverständige Bewertung derselben Tatsachen mit dem Ergebnis einer veränderten Diagnose stellt keine neue Tatsache dar», wiesen die Richter die Beschwerde der Staatsanwaltschaft zurück.

Die bayerische Justizministerin Beate Merk forderte, Gesetzeslücken bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung zu schließen. «Hier klafft eine eklatante Rechtslücke», kommentierte die CSU-Politikerin die Gerichtsentscheidung. «Die Menschen verstehen die Welt nicht mehr. Unsere Richter sind machtlos.» Beim Bundesgerichtshof wird die Freilassung von D. noch überprüft, denn dort hat die Münchner Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.

Überwachung rund um die Uhr

Die Polizei überwacht den Mann in Heinsberg rund um die Uhr, allerdings ist er den Beamten Berichten zufolge schon mehrfach entwischt. Vor dem Haus des Bruders versammeln sich seit Wochen jeden Abend Demonstranten. Nach wie vor seien es täglich etwa 20 Personen, sagte ein Polizeisprecher am Donnerstag. Landrat Stephan Pusch (CDU) hatte öffentlich vor dem Mann gewarnt und dabei auch den Ortsteil genannt, in den Karl D. gezogen war.

Angesichts der anhaltenden Bürgerproteste hatte Karl D. sich Mitte März bereit erklärt, sich freiwillig einer Therapie in einer geschlossenen Einrichtung zu unterziehen. Einen Tag nach Bekanntgabe der Entscheidung lehnte er jedoch den ihm angebotenen Therapieplatz ab. Er soll nicht mit der Behandlung im Hochsicherheitstrakt der betreffenden Klinik einverstanden gewesen sein, bei der es keinen Freigang gegeben hätte.

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