Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik sind unzufrieden mit der schwarz-gelben Koalition. 64 Prozent hielten es für eine Stärkung der Liberalen, wenn der Parteichef zurückträte. Der Höhenflug der Grünen weckt derweil Skepsis.
Nach dem ersten Jahr der schwarz-gelben Regierung fällen Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik ein vernichtendes Urteil. Fast drei Viertel von 541 Befragten im „Capital-Elite-Panel“ zeigten sich unzufrieden mit der Arbeit der Koalition, wie das Wirtschaftsmagazin am Dienstag berichtete. Vor allem von der FDP und deren Vorsitzenden Guido Westerwelle zeigen sich die Befragten enttäuscht. 64 Prozent hielten es für eine Stärkung der Liberalen, wenn der Parteichef zurückträte.
Westerwelles Weg
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Das Magazin lässt zweimal im Jahr sogenannte Entscheider aus Politik und Wirtschaft vom Allensbach-Institut befragen. Darunter sind den Angaben zufolge Vorstände großer Konzerne, aber auch Ministerpräsidenten sowie die Leiter von Bundes- und Landesbehörden. Immerhin schnitt die schwarz-gelbe Koalition besser ab als noch im Sommer. Im Juni äußerten sich 92 Prozent der Befragten überwiegend enttäuscht von der Regierungsarbeit. Im Dezember waren es 72 Prozent.
„Zutrauen wächst langsam“
Jeder Zweite glaubt auch nicht, dass es sich nur um Startschwierigkeiten handelte, die nun vorbei sind. 61 Prozent halten die Regierung für schwach. Auch das ist aber eine Verbesserung: Im Juni hatten 76 Prozent der Befragten der Regierung Schwäche attestiert. „Die Skepsis ist groß, das Zutrauen in die Handlungsfähigkeit der Regierung wächst nur langsam“, erklärte Allensbach-Chefin Renate Köcher zu den Ergebnissen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in der Umfrage ebenfalls verbessert. Hielten sie im Juni 44 Prozent für eine starke Kanzlerin, so waren es im Dezember immerhin 54 Prozent. Allerdings ist dies den Angaben zufolge immer noch der drittschlechteste Wert ihrer Amtszeit. In ihrem Kabinett sieht auch diese Umfrage Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) als wichtigste Säule. 89 Prozent finden, Guttenberg mache gute Arbeit. Über Ursula von der Leyen (CDU) sagen dies 81 Prozent, über Innenminister Thomas de Maizière (CDU) 80 Prozent, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) folgt mit 76 Prozent.
Über Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat sich in nur einem halben Jahr das Urteil komplett gewandelt. Hatten ihm im Juni nur 8 Prozent der Befragten im Elite-Panel gute Arbeit bescheinigt, so waren es jetzt 50 Prozent. Außenminister Westerwelle wird hingegen auch in seinem Regierungsamt als äußerst schwach bewertet. Nur zwölf Prozent der Befragten sagten, er mache seine Arbeit gut.
Merkel beliebt wie nie zuvor
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Energiekonzept nicht durchsetzbar
Die Bewertung der jüngsten inhaltlichen Regierungsentscheidungen fällt unterschiedlich aus. So findet die Aussetzung der Wehrpflicht bei 82 Prozent der „Entscheider“ Unterstützung. Das Energiekonzept der Regierung mit der Verlängerung der Atomlaufzeiten finden dagegen nur 43 Prozent überzeugend, 52 Prozent sehen dies anders. Dabei werden einzelne Elemente des Pakets durchaus positiv gesehen, auch die Laufzeitverlängerung, die 72 Prozent der Befragten richtig finden. Jeder Zweite glaubt aber, dass das Energiekonzept nicht durchsetzbar ist.
Den Höhenflug der Grünen bewerten die Eliten skeptisch. 93 Prozent führen die derzeit starken Umfragewerte der Ökopartei auf deren Oppositionsrolle zurück, 80 Prozent sagen, das liege auch an der Unzufriedenheit mit anderen Parteien. „Die Grünen werden nicht auf dem Weg zur Volkspartei gesehen“, erklärte Köcher.
Beim Aufreger-Thema „Stuttgart 21“ sind die meisten Führungskräfte auf der Seite der Befürworter: 64 Prozent halten das mehrere Milliarden teure Bahnprojekt für sinnvoll, 85 Prozent erwarten eine Realisierung. Gleichzeitig werten drei von vier Befragten die Proteste gegen den unterirdischen Bahnhof als Anzeichen, dass große Bauprojekte künftig in Deutschland schwerer durchsetzbar sein dürften. (dapd)
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