Berlin. .

Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik sind unzufrieden mit der schwarz-gelben Koalition. 64 Prozent hielten es für eine Stärkung der Liberalen, wenn der Parteichef zurückträte. Der Höhenflug der Grünen weckt derweil Skepsis.

Nach dem ersten Jahr der schwarz-gelben Regierung fällen Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik ein vernichtendes Urteil. Fast drei Viertel von 541 Befragten im „Capital-Elite-Panel“ zeigten sich unzufrieden mit der Arbeit der Koalition, wie das Wirtschaftsmagazin am Dienstag berichtete. Vor allem von der FDP und deren Vorsitzenden Guido Westerwelle zeigen sich die Befragten enttäuscht. 64 Prozent hielten es für eine Stärkung der Liberalen, wenn der Parteichef zurückträte.

Westerwelles Weg

1985: Ein neues Gesicht in der Politik. Der damals 23-jährige Guido Westerwelle hält als Vorsitzender der Jungen Liberalen eine Rede anlässlich des fünfjährigen Bestehens des FDP-Jugendverbandes. 1983...
1985: Ein neues Gesicht in der Politik. Der damals 23-jährige Guido Westerwelle hält als Vorsitzender der Jungen Liberalen eine Rede anlässlich des fünfjährigen Bestehens des FDP-Jugendverbandes. 1983... © WNM
...war der Jurastudent zum Bundesvorsitzenden der
...war der Jurastudent zum Bundesvorsitzenden der "Julis" gewählt worden. In dieser Funktion... © imago stock&people WNM
...hatte er früh Kontakt zu den führenden Köpfen der Partei. Hier spricht er mit dem damaligen FDP-Vorsitzenden und Außenminister Hans-Dietrich Genscher beim Parteitag 1986. Westerwelle rückte 1988 in den Bundesvorstand auf und...
...hatte er früh Kontakt zu den führenden Köpfen der Partei. Hier spricht er mit dem damaligen FDP-Vorsitzenden und Außenminister Hans-Dietrich Genscher beim Parteitag 1986. Westerwelle rückte 1988 in den Bundesvorstand auf und... © imago stock&people WNM
...bekleidete ab 1994 den Posten des Generalsekretärs. In dieser Funktion...
...bekleidete ab 1994 den Posten des Generalsekretärs. In dieser Funktion... © WNM
...musste Westerwelle die Wahlniederlage 1998 und das Ende der schwarz-gelben Koalition unter Helmut Kohl akzeptieren. Seinem persönlichen Aufstieg tat dies keinen Abbruch. 2001...
...musste Westerwelle die Wahlniederlage 1998 und das Ende der schwarz-gelben Koalition unter Helmut Kohl akzeptieren. Seinem persönlichen Aufstieg tat dies keinen Abbruch. 2001... © WNM
...wurde er als Nachfolger von Wolfgang Gerhardt (l.) zum bis dato jüngsten Parteivorsitzenden der FDP gewählt. Westerwelle machte sich daran,...
...wurde er als Nachfolger von Wolfgang Gerhardt (l.) zum bis dato jüngsten Parteivorsitzenden der FDP gewählt. Westerwelle machte sich daran,... © WNM
...den Liberalen neue Schlagkraft zu verleihen. Im Wahlkampf 2002...
...den Liberalen neue Schlagkraft zu verleihen. Im Wahlkampf 2002... © WNM
...wollte er der Partei ein junges, hippes, spaßiges Image verpassen. Zum Markenzeichen seiner Kampagne wurde sein Wahlkampfbus, das
...wollte er der Partei ein junges, hippes, spaßiges Image verpassen. Zum Markenzeichen seiner Kampagne wurde sein Wahlkampfbus, das "Guidomobil." Mit der ungewöhnlichen Strategie... © WNM
...peilte Westerwelle ein Wahlergebnis von 18 Prozent an. Doch der Plan ging nicht auf, die FDP erntete viel Hohn und Spott aber zu wenig Stimmen. Trotzdem hielt sich Westerwelle nicht nur im Amt sondern stellte klar,...
...peilte Westerwelle ein Wahlergebnis von 18 Prozent an. Doch der Plan ging nicht auf, die FDP erntete viel Hohn und Spott aber zu wenig Stimmen. Trotzdem hielt sich Westerwelle nicht nur im Amt sondern stellte klar,... © WNM
...wer Koch und wer Kellner in der FDP ist. Im parteiinternen Machtkampf setzte er sich erneut gegen Wolfgang Gerhardt durch und übernahm von ihm Anfang 2006 auch das Amt als Fraktionsvorsitzender. Sein Status...
...wer Koch und wer Kellner in der FDP ist. Im parteiinternen Machtkampf setzte er sich erneut gegen Wolfgang Gerhardt durch und übernahm von ihm Anfang 2006 auch das Amt als Fraktionsvorsitzender. Sein Status... © WNM
...als Alleinherrscher über die FDP stieß innerhalb der Partei auf überraschend wenig Widerstand. Die verbliebenen Kritiker verstummten,...
...als Alleinherrscher über die FDP stieß innerhalb der Partei auf überraschend wenig Widerstand. Die verbliebenen Kritiker verstummten,... © ddp
...als die FDP bei der Bundestagswahl 2009 mit 14,6 Prozent das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte einfuhr. Westerwelles großes Vorbild...
...als die FDP bei der Bundestagswahl 2009 mit 14,6 Prozent das beste Wahlergebnis ihrer Geschichte einfuhr. Westerwelles großes Vorbild... © ddp
...Hans-Dietrich Genscher (l.) gratulierte zu dem historischen Erfolg, der die Liberalen...
...Hans-Dietrich Genscher (l.) gratulierte zu dem historischen Erfolg, der die Liberalen... © ddp
...zurück auf die Regierungsbank beförderte. In der schwarz-gelben Koalition unter Angela Merkel übernimmt Westerwelle das Amt des Vizekanzlers...
...zurück auf die Regierungsbank beförderte. In der schwarz-gelben Koalition unter Angela Merkel übernimmt Westerwelle das Amt des Vizekanzlers... © ddp
...sowie das des Außenministers. Hier verabschiedet er seinen SPD-Vorgänger Frank-Walter Steinmeier (r.). Westerwelles Ambition ist es, in die Fußstapfen großer FDP-Außenminister wie Walter Scheel und eben Genscher zu treten. Zum ersten Schaulaufen...
...sowie das des Außenministers. Hier verabschiedet er seinen SPD-Vorgänger Frank-Walter Steinmeier (r.). Westerwelles Ambition ist es, in die Fußstapfen großer FDP-Außenminister wie Walter Scheel und eben Genscher zu treten. Zum ersten Schaulaufen... © ddp
...ging es für ihn zum EU-Gipfel nach Brüssel - sein erster Auftritt auf internationalem Parkett in seinem neuen Amt. Im Anschluss begab er sich...
...ging es für ihn zum EU-Gipfel nach Brüssel - sein erster Auftritt auf internationalem Parkett in seinem neuen Amt. Im Anschluss begab er sich... © AFP
...auf seine Vorstellungsrunde quer durch Europa. Westerwelle traf sich in Paris mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy (m.) und...
...auf seine Vorstellungsrunde quer durch Europa. Westerwelle traf sich in Paris mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy (m.) und... © AP
...Außenminister Bernard Kouchner (r.), in den Niederlanden...
...Außenminister Bernard Kouchner (r.), in den Niederlanden... © AP
...mit Premierminister Jan Peter Balkenende (r.) und...
...mit Premierminister Jan Peter Balkenende (r.) und... © AFP
...in Polen mit Präsident Lech Kaczynski (r.). Während sich Westerwelle als deutscher Chefdiplomat zunächst Anerkennung erarbeiten muss,...
...in Polen mit Präsident Lech Kaczynski (r.). Während sich Westerwelle als deutscher Chefdiplomat zunächst Anerkennung erarbeiten muss,... © AFP
...ist seine Homosexualität längst akzeptiert. 2001 outete sich Westerwelle (hier mit Lebensgefährte Michael Mronz, r.) als zweiter deutscher Spitzenpolitiker nach Klaus Wowereit.
...ist seine Homosexualität längst akzeptiert. 2001 outete sich Westerwelle (hier mit Lebensgefährte Michael Mronz, r.) als zweiter deutscher Spitzenpolitiker nach Klaus Wowereit. © ddp
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Das Magazin lässt zweimal im Jahr sogenannte Entscheider aus Politik und Wirtschaft vom Allensbach-Institut befragen. Darunter sind den Angaben zufolge Vorstände großer Konzerne, aber auch Ministerpräsidenten sowie die Leiter von Bundes- und Landesbehörden. Immerhin schnitt die schwarz-gelbe Koalition besser ab als noch im Sommer. Im Juni äußerten sich 92 Prozent der Befragten überwiegend enttäuscht von der Regierungsarbeit. Im Dezember waren es 72 Prozent.

„Zutrauen wächst langsam“

Jeder Zweite glaubt auch nicht, dass es sich nur um Startschwierigkeiten handelte, die nun vorbei sind. 61 Prozent halten die Regierung für schwach. Auch das ist aber eine Verbesserung: Im Juni hatten 76 Prozent der Befragten der Regierung Schwäche attestiert. „Die Skepsis ist groß, das Zutrauen in die Handlungsfähigkeit der Regierung wächst nur langsam“, erklärte Allensbach-Chefin Renate Köcher zu den Ergebnissen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in der Umfrage ebenfalls verbessert. Hielten sie im Juni 44 Prozent für eine starke Kanzlerin, so waren es im Dezember immerhin 54 Prozent. Allerdings ist dies den Angaben zufolge immer noch der drittschlechteste Wert ihrer Amtszeit. In ihrem Kabinett sieht auch diese Umfrage Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) als wichtigste Säule. 89 Prozent finden, Guttenberg mache gute Arbeit. Über Ursula von der Leyen (CDU) sagen dies 81 Prozent, über Innenminister Thomas de Maizière (CDU) 80 Prozent, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) folgt mit 76 Prozent.

Über Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hat sich in nur einem halben Jahr das Urteil komplett gewandelt. Hatten ihm im Juni nur 8 Prozent der Befragten im Elite-Panel gute Arbeit bescheinigt, so waren es jetzt 50 Prozent. Außenminister Westerwelle wird hingegen auch in seinem Regierungsamt als äußerst schwach bewertet. Nur zwölf Prozent der Befragten sagten, er mache seine Arbeit gut.

Merkel beliebt wie nie zuvor

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auf einer Beliebtheits-Skala von plus 5 bis minus 5 den Rekortwert plus 2,6 erreicht.  Foto: ddp
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat auf einer Beliebtheits-Skala von plus 5 bis minus 5 den Rekortwert plus 2,6 erreicht. Foto: ddp © ddp
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat auch um 0,2 auf plus 2,3 Punkte zugelegt.  Foto: ap
Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg hat auch um 0,2 auf plus 2,3 Punkte zugelegt. Foto: ap © AP
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bekommt plus 1,5 Punkte. Foto: ap
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bekommt plus 1,5 Punkte. Foto: ap © AP
Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat einen Durchschnittswert von 1,1 Punkten. Foto: ddp
Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat einen Durchschnittswert von 1,1 Punkten. Foto: ddp © ddp
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen liegte ebenfalls bei 1,1 Punkten. Foto: ddp
Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen liegte ebenfalls bei 1,1 Punkten. Foto: ddp © AP
Um 0,4 Punkte ist Guido Westerwelles (FDP) Wert auf 0,9 gestiegen. Foto: ddp
Um 0,4 Punkte ist Guido Westerwelles (FDP) Wert auf 0,9 gestiegen. Foto: ddp © ddp
0,0 Punkte - der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) liegt in der (in diesem Fall nicht ganz so) goldenen Mitte. Foto: ddp
0,0 Punkte - der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) liegt in der (in diesem Fall nicht ganz so) goldenen Mitte. Foto: ddp © ddp
Franz Müntefering (SPD) liegt bei minus 0,2 Punkten. Foto: Luthe
Franz Müntefering (SPD) liegt bei minus 0,2 Punkten. Foto: Luthe © WR/Franz Luthe
Minuspunkte auch für Gregor Gysi (Die Linke): nämlich minus 0,7. Foto: ap
Minuspunkte auch für Gregor Gysi (Die Linke): nämlich minus 0,7. Foto: ap © AP
Auch Oskar Lafontaine (Die Linke) ist nicht beliebt: minus 1,0 Punkte. Foto: ap
Auch Oskar Lafontaine (Die Linke) ist nicht beliebt: minus 1,0 Punkte. Foto: ap © AP
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Energiekonzept nicht durchsetzbar

Die Bewertung der jüngsten inhaltlichen Regierungsentscheidungen fällt unterschiedlich aus. So findet die Aussetzung der Wehrpflicht bei 82 Prozent der „Entscheider“ Unterstützung. Das Energiekonzept der Regierung mit der Verlängerung der Atomlaufzeiten finden dagegen nur 43 Prozent überzeugend, 52 Prozent sehen dies anders. Dabei werden einzelne Elemente des Pakets durchaus positiv gesehen, auch die Laufzeitverlängerung, die 72 Prozent der Befragten richtig finden. Jeder Zweite glaubt aber, dass das Energiekonzept nicht durchsetzbar ist.

Den Höhenflug der Grünen bewerten die Eliten skeptisch. 93 Prozent führen die derzeit starken Umfragewerte der Ökopartei auf deren Oppositionsrolle zurück, 80 Prozent sagen, das liege auch an der Unzufriedenheit mit anderen Parteien. „Die Grünen werden nicht auf dem Weg zur Volkspartei gesehen“, erklärte Köcher.

Beim Aufreger-Thema „Stuttgart 21“ sind die meisten Führungskräfte auf der Seite der Befürworter: 64 Prozent halten das mehrere Milliarden teure Bahnprojekt für sinnvoll, 85 Prozent erwarten eine Realisierung. Gleichzeitig werten drei von vier Befragten die Proteste gegen den unterirdischen Bahnhof als Anzeichen, dass große Bauprojekte künftig in Deutschland schwerer durchsetzbar sein dürften. (dapd)