Brüssel. .

Der EU-Gipfel hat den Weg für eine Änderung des Lissabon-Vertrags frei gemacht. Private Gläubiger sollen bei künftigen Krisen mithaften. Das ist ein Teilerfolg für Kanzlerin Merkel. Doch in einem Kernpunkt konnte sie nicht ihren Willen durchboxen.

Der EU-Gipfel hat in der Nacht zum Freitag eine umfassende Reform des Euro-Stabilitätspaktes beschlossen und den Weg zu Vertragsänderungen geebnet. Damit soll ein neuer Krisenmechanismus nach Auslaufen der Euro-Rettungsschirme im Jahr 2013 verfassungsrechtlich wasserdicht gemacht werden. Die endgültige Entscheidung über die Änderung der Verträge wird aber - anders als von Bundeskanzlerin Angela Merkel gefordert - erst im Dezember getroffen.

Auch die Frage, ob private Gläubiger maßgeblich an einem künftigen Krisenmechanismus beteiligt werden, wird letztlich erst auf dem nächsten Gipfel gefällt. Merkel gab sich dennoch zufrieden. Ein großer Teil ihrer Forderungen sei erreicht worden, sagte die Kanzlerin nach der Nachtsitzung am frühen Freitagmorgen. Das Verbot der gegenseitigen Schuldenübernahme im Lissabon-Vertrag werde nicht abgeschafft, betonte sie. Aber wenn die gesamte Einheitswährung in Gefahr gerate, solle es den Mitgliedsstaaten künftig erlaubt werden einzuspringen. Hilfe für drohende Pleitestaaten werde aber an scharfe Bedingungen geknüpft.

Er werde „sehr begrenzte Vertragsänderungen“ vorschlagen, erklärte EU-Ratspräsident Herman Van Rompoy, der mit der Ausarbeitung der Einzelheiten bis zum Dezember beauftragt wurde. Dies solle ein vereinfachtes Änderungsverfahren ermöglichen, damit keine Referenden notwendig würden. „Wir sprechen nicht darüber, den ganzen Vertrag aufzumachen“, sagte er.

„Ohne Deutschland geht es nicht“

Eine ihrer Kernforderungen musste Merkel hintanstellen: Einen Stimmrechtsentzug für besonders hartnäckige Schuldensünder wird es vorerst nicht geben. Der Widerstand dagegen war unter den Mitgliedsstaaten und in der Kommission massiv.

Dessen ungeachtet stimmte Merkel der Reform des Stabilitätspaktes zu, den die Taskforce unter Leitung Van Rompuys erarbeitet hatte. Die Reform führt frühere Sanktionen gegen Defizitsünder ein und schreibt künftig einen raschen Abbau des Schuldenstandes vor, wenn dieser über 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegt. Zudem werden Staaten mit großen Wettbewerbsschwächen zu Reformen gedrängt und die Haushaltspolitiken in der EU abgestimmt. Noch am Mittwoch hatte Merkel im Bundestag gedroht, ohne eine klare Zusicherung von Vertragsänderungen die Reform zu blockieren.

Über die harte Haltung der Kanzlerin gab es in Brüssel viel Unmut. „Heute ging es zu weiten Teilen um Deutschland, das ist ein echtes Problem“, sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. „Aber ohne Deutschland geht es nicht.“ (dapd)