Berlin.

“Ein Jahr Rugby im Porzellanladen“ - so urteilt die Opposition über die Enwicklungshilfepolitik von Dirk Niebel. Der Minister selbst lobt seine Arbeit - und fordert mehr Geld.

Ein Jahr nach dem Start der schwarz-gelben Koalition sorgt die Entwicklungshilfepolitik weiter für heftigen Streit zwischen Regierung und Opposition. Während Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) am Montag die von ihm angestoßenen Reformen als Erfolg herausstellte, kam von der Opposition heftige Kritik.

Niebel betonte: „Unsere Entwicklungspolitik wird wirksamer.“ Es werde vor allem mehr Eigenverantwortung von den Partnerländern gefordert. Hilfen für Entwicklungsländer würden stärker an Bedingungen geknüpft. Niebel erklärte, im Koalitionsvertrag habe sich die Regierung darauf geeinigt, Auszahlungen stärker an den Erfolg von Maßnahmen zu binden. Bedingungen seien eine „gute Regierungsführung“, die Einhaltung von Menschenrechten, aber auch ein sozialer und umweltverträglicher Rohstoffabbau im jeweiligen Entwicklungsland. China sei kein klassisches Entwicklungsland mehr. Deshalb gebe es für die Zusammenarbeit mit China keine Neuzusagen aus seinem Ministerium mehr, sagte Niebel.

Als Erfolg bezeichnete der FDP-Politiker auch die Zusammenlegung der drei bundeseigenen Organisationen für Entwicklungshilfe - die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) und die Bildungsorganisation InWent. Zum 1. Januar 2011 soll die neue Organisation als Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) starten. Weiter sagte Niebel, das Ziel der Bundesregierung, bis 2015 einen Anteil von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe zu verwenden, könne mit dem derzeitigen Etat nicht erreicht werden. Daher müssten sich zusätzliche Finanzierungswege finden. Trotz Schuldenbremse habe es aber keine Kürzungen gegeben, betonte Niebel.

Opposition: „Ein Jahr Rugby im Porzellanladen“

Die Opposition will die Erfolgsdarstellung nicht gelten lassen: „Niebel hat es geschafft, die deutsche Entwicklungspolitik innerhalb kürzester Zeit von einer international angesehenen globalen Strukturpolitik zu einer nur noch an nationalen Interessen ausgerichteten, engstirnigen Außenwirtschaftsförderung herabzuwirtschaften“, erklärte der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sascha Raabe. So mahne der OECD-Entwicklungsausschuss in seinem aktuellen Bericht, dass Entwicklungsprojekte nicht an deutschen Außenwirtschaftsinteressen orientiert werden dürften. Zudem habe die OECD Deutschland bereits zuvor aufgefordert, die Trennung von finanzieller und technischer Zusammenarbeit zu überwinden. Die von Niebel geplante Zusammenlegung von GTZ, DED und InWEnt könne also nur als ein erster kleiner Schritt angesehen werden, sagte Raabe.

Die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, Ute Koczy, sprach von einem „Jahr Rugby im Porzellanladen“. Statt sich für die Bekämpfung von Armut einzusetzen, wolle Niebel lieber Wirtschaftsförderung betreiben. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, erklärte, Niebel sei einer der ersten Minister in der Geschichte der Bundesrepublik, der ein Ministerium leite, das er eigentlich abschaffen wollte.

(afp)