San José. .

Fast zehn Wochen haben sie gebangt und gewartet, doch nun geht es nur noch um wenige Stunden: Ab Mittwoch sollen die in der kleinen chilenischen Gold- und Silbermine von San José verschütteten 33 Grubenarbeiter befreit werden.

Nach Ansicht mancher Angehöriger wird es dafür höchste Zeit. „Wir können nicht mehr, wir wollen, dass sie bald wieder bei uns sind“, sagt Clarina Segovia, deren Bruder Victor unter den Eingeschlossenen ist. Zusammen mit hunderten Verwandten und Freunden der Kumpel fiebert sie an der Erdoberfläche oberhalb der Unglücksstelle dem Beginn der Bergung entgegen.Das „Camp Hoffnung“, wie die Angehörigen ihr Lager beim Grubeneingang in der Atacama-Wüste getauft haben, ist für viele von ihnen seit Wochen zur zweiten Heimat geworden. Eine Nylondecke, ein Plastiktisch und einige Kerzen - viel mehr gibt es nicht im Zelt von Jessica Cortez. Sie wartet hier seit dem Unglück am 5. August auf die Rückkehr ihres Ehemanns Victor Zamora. Zu Beginn schlief sie unter freiem Himmel, mittlerweile gibt es im Camp eine Feldküche, eine Schule für die anwesenden Kinder und vor allem Zelte für die Nacht.

Wenn die Rettungsaktion nach Plan verläuft, dürfte das Lager ab Freitag nicht mehr gebraucht werden. Der am Samstag fertiggestellte Rettungsschacht wurde im Lauf des Montags mit einer Metallverkleidung stabilisiert. Möglichst bald sollte daraufhin die Rettungskapsel getestet werden, mit der die Verschütteten geborgen werden sollen. Einzeln sollen die Männer ab Mittwoch aus ihrem Schutzraum geholt werden - in einer Metallkapsel, die zwar vier Meter hoch, aber nur etwa schulterbreit ist. Die Retter rechnen damit, dass jede Ausfahrt eine gute Stunde dauert. Bis Freitag könnten dann alle 33 Arbeiter gerettet sein.

Geregelter Tagesablauf unter Tage

Als erstes sollen die mental stabilsten Arbeiter geborgen werden, die bei eventuellen anfänglichen Problemen mitdenken und reagieren können. Danach kommen zunächst die körperlich Schwächsten und am Ende die Stärkeren an die Reihe. Über die Reihenfolge gab es unter den Arbeitern bereits Diskussionen. Mehrere von ihnen wollten zum Schluss ausfahren - zum Teil aus Angst, dass zu Beginn etwas schiefgehen könnte. Bei der Fahrt durch den Schacht sollen die Männer mit medizinischem Überwachungsgerät verkabelt und an der Erdoberfläche sofort untersucht werden. Wenn es ihr Zustand erlaubt, ist daraufhin ein sofortiges Zusammentreffen mit ihren Angehörigen vorgesehen, bevor sie per Helikopter ins Krankenhaus gebracht werden.

Während die Angehörigen ihre Tage an der Erdoberfläche mit Warten zubringen, versuchen die Eingeschlossenen, sich mit einem geregelten Tagesablauf über Wasser zu halten. Wie an normalen Arbeitstagen arbeiten sie in Acht-Stunden-Schichten, kümmern sich um die Kommunikation und Verpflegung über einen Versorgungsschacht nach oben, haben ein Auge auf die Wasservorräte in der Mine und warten die unter der Erde vorhandenen Maschinen. Vor allem am Schacht gibt es viel Arbeit. „Jeden Tag gehen 40 bis 50 Lieferungen nach unten“, sagt Chefpsychologe Alberto Iturra. Es gebe in der Mine mittlerweile Faltbetten, einen Videorekorder, einen Musikgerät, Bücher und sogar eine Campingdusche.“Der Glaube versetzt Berge“, hat Jessica Cortez über den Eingang ihres Zelts im Camp geschrieben.

Auf dem Plastiktisch im Innern liegen eine Bibel, Heiligenbilder und Fotografien von Victor und einigen anderen Bergmännern. Bei ihr sitzt ihre Stiefmutter Nelly Bugueno. Sie erzählt, dass aus den Mitteilungen, die Victor in den vergangenen Wochen noch oben gesandt hat, zuerst „viel Wut“ gesprochen habe, mittlerweile sei er aber „ruhig und zuversichtlich“. Das liegt sicherlich auch daran, dass seine schwangere Frau ihm gleich nach seiner Bergung ein bisher ungelüftetes Geheimnis verraten muss. „Victor ist sich sicher, dass es eine Prinzessin wird“, sagt Nelly Bugueno. Und es stimmt - Victor darf sich auf eine Tochter freuen. (AFP)