Frankfurt. .

Die Bundesbank will Thilo Sarrazin loswerden und hat seine Abberufung beantragt. Jetzt muss Bundespräsident Wulff entscheiden. Der hatte schon im Vorfeld angedeutet, wie er den Fall Sarrazin bewertet.

Die Bundesbank hat die Abberufung ihres Vorstandsmitglieds Thilo Sarrazin beim Bundespräsidenten beantragt. Der Vorstand habe Bundespräsident Christian Wulff einstimmig um die Abberufung Sarrazins gebeten, teilte die deutsche Notenbank in Frankfurt am Donnerstag mit.

Auch der Ethik-Beauftragte der Deutschen Bundesbank, Uwe Schneider, unterstütze diesen Antrag uneingeschränkt. Das Bundespräsidialamt wollte sich nicht zu dem Beschluss äußern, kündigte aber eine Pressemitteilung an.

Einmaliger Vorgang

Wulff hatte die Bundesbank am Mittwochabend aufgerufen, Schaden von Deutschland abzuwenden. Nur das Staatsoberhaupt kann auf Antrag des Instituts einen Bundesbankvorstand abberufen. Es wäre ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Notenbank.

Der frühere SPD-Politiker und Berliner Finanzsenator Sarrazin war nach Äußerungen in seinem Buch über die mangelnde Ingegrationsfähigkeit von Migranten in die Kritik geraten. Auch seine Ausführungen über eine angeblich erbliche Dummheit muslimischer Einwanderer sowie genetische Besonderheiten von Juden hatte für Empörung gesorgt.

Die Reaktionen

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Bundeskanzlerin Angela Merkel zollt der Bundesbank Respekt für die Abberufung ihres umstrittenen Vorstandsmitglieds Thilo Sarrazin. „Die Bundeskanzlerin hat die unabhängige Entscheidung des Bundesbank-Vorstandes mit großem Respekt zur Kenntnis genommen“, teilte ein Regierungssprecher am Donnerstag in Berlin mit.

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel begrüßte den Schritt. „Das ist eine konsequente Entscheidung“, erklärte er. Sarrazin gehört der SPD an. Diese will ihn auch aus ihren Reihen ausschließen.

„Thilo Sarrazin ist mit seinen hanebüchenen Thesen als Repräsentant der Bundesbank nicht mehr tragbar“, erklärte Fraktionschefin Renate Künast in Berlin. „Seine Abberufung ist unausweichlich geworden. Wir erwarten, dass jetzt zügig alle notwendigen weiteren Schritte getan werden, um Sarrazin seines Amtes zu entheben.“

Der Berliner SPD-Politiker Heinz Buschkowsky übte dagegen scharfe Kritik an der geplanten Abberufung von Sarrazin. „Wenn jemand wegen umstrittener Thesen mit einem Berufsverbot belegt wird, geht das den Menschen gehörig gegen den Strich“, sagte der Bürgermeister des Bezirks Neukölln gegenüber „Spiegel Online“. „Es gibt bei uns immer noch die Meinungsfreiheit.“

Buchauflage steigt

Am Nachmittag hatte sich auch EZB-Präsident Jean-Claude Trichet mit deutlichen Worten von Sarrazin distanziert. „Als Bürger finde ich die Aussagen abstoßend“, sagte der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Zugleich sprach er der Bundesbank, die mit ihrem Präsidenten Axel Weber im EZB-Rat vertreten ist, sein Vertrauen aus.

Derweil entwickelt sich Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ immer mehr zu einem Bestseller. Wie ein Sprecher der herausgebenden Deutschen Verlags-Anstalt (DVA) auf Anfrage sagte, läuft gerade der Druck der sechsten Auflage des Sarrazin-Buchs. Die Gesamtauflage erhöhe sich damit auf 250.000. (rtr/afp/ddp)