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Es ist die Woche der Entscheidung für Karstadt. Eine davon steht bereits: Sollte Nicolas Berggruen Karstadt kaufen, bleibt Essen Hauptsitz. Dafür feierten ihn die Mitarbeiter wie einen Popstar.

Es ist die Woche der Entscheidung für Karstadt. Mal wieder. Am Freitag will das Amtsgericht Essen über den Insolvenzplan entscheiden. Die Nerven der Mitarbeiter liegen blank. Sie feiern am Dienstag den potenziellen Käufer des Warenhauskonzerns, Nicolas Berggruen, wie einen Popstar.

Die Kantine der Hauptverwaltung in Essen ist rappelvoll. Erst vor wenigen Stunden haben die 1400 Mitarbeiter die Einladung erhalten. Ihre Erwartungen an Berggruen sind groß. Einigt sich der Milliardär nicht bis Donnerstag um 24 Uhr mit dem Immobilien-Konsortium Highstreet über niedrigere Mieten für die Karstadt-Filialen, droht die Zerschlagung.

Jubel in der Kantine

Und so jubeln die 600 Beschäftigten in der Kantine dem Mann zu, der sie in eine gute Zukunft führen soll, springen von den Stühlen, als er den Saal betritt und applaudieren – minutenlang. Der neue Betriebsratsvorsitzende Arno Leder drückt aus, was alle denken. „Wir begrüßen unseren Hoffnungsträger und hoffentlich baldigen Investor. Darüber sind wir sehr stolz.“

Dabei kommt Berggruen mit leeren Händen. So kurz vor dem Schicksalstag für Karstadt streichelt der smarte Mann mit dem Dreitagebart die Seele der Mitarbeiter. „Ich bin ein wenig schüchtern“, kokettiert er und macht Mut: „Die Stimmung ist sehr, sehr gut. Karstadt ist wichtig für die Herzen aller Deutschen und es ist wichtig für mein Herz. Irrsinnig wichtig.“

Der Milliardär redet die Beschäftigten mit „Ihr“ an und erweckt das Gefühl, zu ihnen zu gehören. „Ich arbeite jetzt auch für Karstadt und bezahle dafür.“ 65 Millionen Euro will er in die Warenhauskette investieren, wenn das Amtsgericht Essen am Freitag den Insolvenzplan billigt und der Kaufvertrag mit Berggruen bis zum 30. September in Kraft treten kann.

„Ich will eigenes Geld in Karstadt investieren. Ich bin kein Fonds.“

Bis dahin muss er aber das Konsortium Highstreet, dem zwei Drittel der 120 Immobilien mit Karstadt-Filialen gehören, bei den Mieten herunterdrücken. Zuletzt hätten die beiden Seiten nur noch 60 Millionen Euro getrennt, heißt es. Doch bis Donnerstag Abend braucht Highstreet für eine Einigung auch die Zustimmung seiner Gläubiger.

Bei allem Optimismus, die Berggruen an diesem sonnigen Dienstag versprüht, spricht er selbst von einer „kritischen Woche“ und nutzt die Bühne der Kantine, um noch einmal für sich und sein Konzept zu werben. „Ich will eigenes Geld in Karstadt investieren. Ich bin kein Fonds“, so der 49-Jährige, der offenbar an das Unternehmen glaubt: „Das Gute ist viel stärker als das Schwache bei Karstadt.“

Und am Ende des kurzen Auftritts wird es dann doch noch etwas konkreter. Auf die Frage, welche Rolle die Essener Hauptverwaltung in Berggruens Planungen spiele, gibt er ein klares Bekenntnis ab: „Das Herz von Karstadt soll weiter schlagen.“ Und wieder brandet Beifall auf.

„Idol mit Popstar-Qualitäten“

Nach einer halben Stunde kehren die Mitarbeiter an ihre Arbeitsplätze zurück. Einige Damen lassen sich mit Berggruen fotografieren, andere diskutieren beim Herausgehen weiter. „Jetzt muss sich Highstreet bewegen“, sagt eine. „Berggruen ist sehr authentisch. Ich habe ein gutes Gefühl“, meint ein anderer.

Arno Leder, seit letzter Woche Betriebsratschef in der Karstadt-Hauptverwaltung, weiß, warum Berggruen diese Welle der Sympathie entgegen schwappt: „Der mögliche Investor Triton kündigte schmerzliche Einschnitte beim Personal an. Berggruen ist eine Persönlichkeit und sucht die Schlacht mit den Vermietern, um Geld zu sparen. Das macht ihn zum Idol mit Popstar-Qualitäten.“

Leder ist zuversichtlich, dass der Mietstreit rechtzeitig beigelegt wird: „Dass Herr Berggruen heute vor die Belegschaft trat, ist ein Signal. Er hätte ja nicht kommen müssen, um sich zu zeigen.“ Der Betriebsratschef glaubt an die Zukunft Karstadts: „Die Unsicherheit der letzten Monate hat uns mürbe gemacht.“