Brasilia. Trümmerstücke im Atlantik sind laut der brasilianischen Regierung als Wrackteile der abgestürzten Air-France-Maschine identifiziert worden. Mit Aussagen über deutsche Opfer hält sich die Bundesregierung zurück. Bekannt ist, dass zwei Mitarbeiter von Thyssen-Krupp in dem Flugzeug saßen.
Trümmerstücke im Atlantik sind am späten Dienstagabend nach Angaben der brasilianischen Regierung als Wrackteile der abgestürzten Air-France-Maschine identifiziert worden. Verteidigungsminister Nelson Jobim erklärte, die Entdeckung der Trümmerteile in einem fünf Kilometer langen Streifen «bestätigen, dass das Flugzeug in dem Gebiet» mehrere hundert Kilometer nördlich der Inselgruppe Fernando de Noronha abgestürzt sei. Leichen seien nicht entdeckt worden.
Wie der Minister weiter berichtete, wurden metallische und nichtmetallische Teile vorgefunden. Eine nähere Beschreibung gab er nicht. Die Luftwaffe hatte wenige Stunden zuvor gemeldet, dass im Wasser ein Flugzeugsitz, Rettungswesten und metallische Gegenstände gesichtet wurden, begleitet von Schlieren, die auf Öl oder das Flugzeugbenzin Kerosin schließen lassen.
Bergungsschiffe sollen das Gebiet rund 650 Kilometer nördlich der Inselgruppe Fernando de Noronha erst am (morgigen) Mittwoch erreichen, wie Luftwaffensprecher Jorge Amaral sagte. Die Fundstelle der Trümmer lasse es möglich erscheinen, dass der Pilot angesichts der Schlechtwetterfront noch umzudrehen versucht hatte, fügte Amaral hinzu.
Bundesregierung hat Opferzahl noch nicht bestätigt
Einen Tag nach dem Verschwinden der Air-France-Maschine über dem Atlantik gibt es immer mehr Details über die Opfer - auch wenn die Bundesregierung sich zu der deutschen Opferzahl noch nicht geäußert hat. In der Unglücksmaschine saßen unter anderem der Thyssen-Krupp-Manager Erich Walter Heine, Jahrgang 1967, sowie ein 28-jähriger Mitarbeiter von Thyssen-Krupp Steel Duisburg, wie der Konzern bestätigte.
Heine, Vorstandsmitglied bei Thyssen-Krupp Steel, hinterlässt eine Frau und drei kleine Kinder. Er war für den Aufbau der Stahlwerke unter anderem in Rio de Janeiro verantwortlich. Der 28-Jährige Mitarbeiter hatte sich dagegen privat in Brasilien aufgehalten.
Die Fluggesellschaft Air France sprach von 26 Deutschen an Bord des Airbus A330-200, die sich unter den 216 Passagieren und 12 Besatzungsmitgliedern befanden.
Weitere deutsche Opfer möglicherweise aus Bayern und Baden-Württemberg
Ein Teil der Passagiere hat München, Stuttgart und Berlin als Flugziele angegeben. Das Auswärtige Amt in Berlin machte zunächst keine Angaben zu der Anzahl der Deutschen an Bord.
Wie ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums sagte, hatten neun Fluggäste Weiterflüge nach Bayern gebucht. Ob die Personen allerdings dort wohnen, sei bisher nicht bekannt. Nach Berlin wollten sechs Passagiere. Das bestätigte die französische Fluggesellschaft dem RBB-Sender Radio Berlin 88,8. Elf Menschen sollen Medienberichten zufolge nach Paris das Flugziel Stuttgart gebucht haben. Eine offizielle Bestätigung des baden-württembergischen Innenministeriums gab es dafür bis zum Nachmittag nicht.
Unter den deutschen Opfern ist möglicherweise auch ein Mann aus Potsdam. Er soll den «Potsdamer Neuesten Nachrichten» (Dienstagausgabe) zufolge unter Berufung auf dessen Familie und Freundeskreis an Bord gewesen sein. Auch eine Darstellerin eines Stuttgarter Musicals soll mitgeflogen sein. Ein Sprecher des Veranstalters Stage Entertainment bestätigte einen Bericht des «Kölner Express», wonach die 29-jährige Juliana de Aquino in dem Flugzeug saß.
Trauergottesdienst und Schweigeminute
Die Air-France-Maschine hatte in der Nacht zum Montag gut drei Stunden nach dem Start in Rio de Janeiro ein Dutzend automatischer Fehlerwarnungen gesendet. Laut Frankreichs Premierminister François Fillon zeigen diese, dass «alle Systeme während drei Minuten außer Betrieb waren». Air France hatte davor vom Ausfall «mehrerer Apparate» gesprochen. Das Unternehmen verwies darauf, dass eine derartige Situation sei bei diesem Flugzeugtyp «noch nie dagewesen» sei. Am Montag hatte das Unternehmen von einem möglichen Blitzeinschlag gesprochen.
Die Nationalversammlung gedachte der Vermissten am Dienstag mit einer Schweigeminute. Air France kündigte für Mittwochnachmittag einen ökumenischen Gottesdienst für die Angehörigen der Passagiere und Besatzungsmitglieder in der Pariser Kathedrale Notre Dame an. Die französische Regierung will Angehörige auf Wunsch in das Gebiet fliegen, in dem der Airbus verschollen ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CSU) zeigte sich «bestürzt» über den mutmaßlichen Flugzeugabsturz.
Das letzte Signal der Maschine gab es am Montag um 04.14 Uhr (MESZ), fast vier Stunden nach dem Start - dabei handelte es sich um eine automatische Mitteilung über einen Ausfall elektronischer Systeme und einen Druckabfall in der Kabine. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Flugzeug etwa 1.200 Kilometer nordöstlich der brasilianischen Küstenstadt Natal, in der Nähe der Inselgruppe Fernando de Noronha. (jgr/afp/ap)