Sao Paulo/Paris/Prag. Die Zahl der deutschen Passagiere an Bord der vermissten Air-France-Maschine steht nach Angaben von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier noch nicht endgültig fest. Steinmeier zeigte sich betroffen und sprach von einer "fürchterlichen Katastrophe".
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat betroffen auf das Verschwinden eines Air-France-Flugzeugs über dem Atlantik reagiert. «Wir müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass es sich um eine furchtbare Katastrophe handelt», sagte Steinmeier am Dienstag in Prag. «Es ist eine schwere Stunde für uns alle, aber ganz besonders für unsere französischen Freunde und alle diejenigen Länder, die fürchten müssen, dass Angehörige ums Leben kamen», ergänzte der Außenminister. Zur Zahl der möglichen deutschen Insassen wollte sich Steinmeier nicht äußern. Seinen Angaben zufolge steht ein Krisenstab des Auswärtigen Amts in engem Kontakt mit Frankreich.
Kaum noch Hoffnungen
Von der auf dem Flug von Brasilien nach Frankreich verschollenen Passagiermaschine fehlt weiter jede Spur. Allerdings soll der Pilot einer Frachtmaschine laut einem brasilianischen Medienbericht im mutmaßlichen Absturzgebiet brennende Wrackteile auf dem Meer gesehen haben. Für die 228 Menschen an Bord der Air-France-Maschine gibt es kaum noch Hoffnungen.
Die amtliche Nachrichtenagentur Agencia Brasil zitierte einen Sprecher der brasilianischen Luftwaffe, wonach der Pilot der Frachtmaschine mehrere orangefarbene Punkte auf dem Meer sah, als er kurz nach dem mutmaßlichen Unglückszeitpunkt das Gebiet passierte, in dem die Maschine verschwunden war. Dabei könne es sich um brennende Überreste der Maschine gehandelt haben. Bislang konnte jedoch nicht festgestellt werden, ob es sich dabei um glühende Wrackteile oder um Bojen handelte.
Suche geht weiter
Von dem über dem Atlantik verschollenen Air-France-Flugzeug mit 228 Passagieren an Bord hat am Dienstag weiter jede Spur gefehlt. Flugzeuge der brasilianischen Luftwaffe suchten in der Nacht in dem vermutlichen Absturzgebiet 1100 Kilometer vor der Nordostküste Brasiliens vergeblich nach dem Airbus A330. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bezeichnete die Hoffnung, noch Überlebende zu finden, als «sehr gering».
Der Flug AF 447 war auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris in der Nacht zu Montag von den Radarschirmen verschwunden, auch 24 Stunden nach ihrem letzten Signal war der Verbleib der Maschine unklar. Acht Flieger der brasilianischen Luftwaffe und drei Marineschiffe durchsuchten ohne Erfolg die Atlantik-Region auf halber Strecke zwischen Brasilien und Afrika, in der das Flugzeug sein letztes Signal gesendet hatte. In der Nacht setzte Brasilien mit elektronischen und Radar-Instrumenten ausgestattete Spezialflugzeuge ein. Auch spanische, französische und US-Flugzeuge waren im Einsatz. Die Regierung in Paris bat das US-Verteidigungsministerium um Hilfe bei der Ortung des Flugzeugs.
Wir können nichts tun außer trauern
Nach Angaben der französischen Fluggesellschaft Air France sollen 26 Deutsche, 61 Franzosen und 58 Brasilianer an Bord der erst vier Jahre alten Maschine gewesen sein. Auch neun Italiener, sechs Schweizer, eine Österreicherin und fünf Briten flogen mit. Insgesamt waren mehr als 30 Nationalitäten an Bord. Die zwölf Besatzungsmitglieder waren alle Franzosen. In der Maschine war nach Angaben von Angehörigen auch ein Nachfahre des letzten brasilianischen Kaiserhauses, Pedro Luis de Orleans e Bragança.
Sarkozy sprach am Montag von der größten Katastrophe in der Geschichte der Air France. Die Hoffnung, noch Überlebende zu finden, sei gering, sagte Sarkozy nach Gesprächen mit Angehörigen vermisster Passagiere auf dem Flughafen Roissy-Charles de Gaulle. Auf den Flughäfen auf beiden Seiten des Atlantiks wurden die verzweifelten Angehörigen psychologisch betreut. In einem Telefonat mit Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva sprachen sich beide Staatschefs ihr Beileid aus. «Wir können nichts tun als tief trauern und die Familien unterstützen», sagte Lula in San Salvador.
Absturzursache unklar
Die genaue Ursache des womöglich schlimmsten Flugzeugunglücks seit einem Jahrzehnt ist noch unklar. Möglicherweise legte ein Blitzschlag die Stromversorgung des Airbus lahm, das Flugzeug flog zur Zeit seines Verschwindens in einer Gewitterzone mit starken Turbulenzen. Ab 04.15 Uhr MESZ habe es etwa ein Dutzend technischer Nachrichten gesendet, nach denen «mehrere Ausrüstungsteile» defekt seien, sagte Air-France-Direktor Pierre-Henry Gourgeon. Wahrscheinlich sei es nur kurz darauf in den Atlantik gestürzt. Ein direkter Zusammenhang zwischen Wetter und den technischen Nachrichten sei nicht nachweisbar, hob Gourgeon hervor.
Der Vize-Chef des französischen Raumfahrtzentrums CNES, Philippe Hazane, sagte, Satelliten hätten keine Notsignale der Maschine aufgefangen, was für eine «sehr schnelle» Katastrophe spreche. Der Pilot hatte Air France zufolge 11.000 Stunden Flugerfahrung und 1700 auf dem Maschinentyp. Das Flugzeug wurde erst 2005 in Dienst gestellt und zuletzt am 16. April gewartet. (ap/afp)