Berlin. .

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn, hat Außenminister Guido Westerwelle (FDP) vorgeworfen, sein Einsatz für den Bau eines Atomkraftwerks in Brasilien sei die Gegenleistung für die Spende eines Arbeitgeberverbands an die FDP.

„Das riecht wieder nach einer Gegenleistung für eine Spende, was der FDP-Außenminister da macht. Nach den Hoteliers kommt jetzt die Atomwirtschaft“, sagte Höhn in einem Interview. Hintergrund von Höhns Vorwurf ist, dass Westerwelle in Gesprächen mit der brasilianischen Regierung massiv für die Erweiterung des Atomkraftwerks Angra dos Reis geworben habe.

Der Haushaltsausschuss des Bundestages gewährte außerdem bereits im Januar mit schwarz-gelber Mehrheit eine Export-Kreditgarantie des Bundes in Milliardenhöhe für den Kraftwerksbau. Realisieren würde die Erweiterung der Atomkraftwerksbauer Areva NP, der zu einem Drittel der Münchener Siemens AG gehört. Siemens wiederum dürfte einer der großen Beitragszahler des Verbands der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie (VBM) sein, der regelmäßig hohe Summen an die FDP spendet. Zuletzt überwies der VBM dem Zeitungsbericht zufolge im Bundestagswahlkampf 2009 insegsamt 150 000 Euro an die FDP.

Unbekannte Künstlerin mit an Bord

Westerwelle hat einem Medienbericht zufolge auf seine Antrittsreise in die Türkei im Januar eine unbekannte Künstlerin aus seinem Wahlkreis in Bonn als Sondergast auf Staatskosten mitgenommen. Das berichtet die „Financial Times Deutschland“. Nutren Schlinkert, die türkischstämmige Ehefrau des geschäftsführenden Gesellschafters des Bonner Meinungsforschungsinstituts Dimap, war im Januar mit Westerwelle nach Ankara und Istanbul gereist. Im Reiseprogramm wurde sie als „Sondergast“ und „Künstlerin“ geführt. Auf Anfrage der FTD konnte das Auswärtige Amt allerdings nicht beantworten, auf welchem Kunstgebiet sie aktiv ist. Bekannt ist über Nutren Schlinkert, dass sie als stellvertretendes Mitglied auf der FDP-Liste im Kulturausschuss der Stadt Bonn sitzt.

Bisher wurde Westerwelle vor allem dafür kritisiert, Spender der FDP oder Geschäftsfreunde seiner Verwandten und seines Lebenspartners Miachel Mronz in seine Wirtschaftsdelegationen bei Auslandsreisen eingeladen zu haben. Bei der FDP-Sympathisantin Schlinkert soll die Einladung zudem auf ein privates Versprechen zurückgehen. Bei einem Türkei-Besuch 2004 habe Westerwelle ihr versprochen, sie auf seine erste Dienstreise als Außenminister in die Türkei mitzunehmen, hieß es. Das Versprechen habe Westerwelle jetzt auf Kosten des Steuerzahlers eingelöst.

Vorwürfe werden lauter

Der Außenminister und Vize-Kanzler hat bisher alle Vorwürfe zurückgewiesen und bezeichnete sie als gezielte Verleumdung. Das Außenministerium betonte, die Mitreisenden Westerwelles seien allein wegen fachlicher Kriterien in Südamerika dabei. Die Mitreise von Lebenspartner Michael Mronz sei ebenfalls völlig normal. Allerdings wird die Kritik an der Entourage des Außenministers immer lauter: SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann warf Westerwelle vor, mit „Günstlingswirtschaft“ das Vertrauen in die Demokratie zu zerstören. Zwar gebe es keine gesetzlichen Regelungen für die Zusammensetzung bei Auslandsreisen. „“Aber, wer eine demokratische Kinderstube hatte, sollte trotzdem wissen, was sich gehört und, was man nicht tut“, sagte Oppermann. Westerwelle wisse das offenkundig nicht. Er vermische ständig Staats- und Privatgeschäfte. Das lasse Zweifel an seiner Befähigung zum Amt aufkommen.

Die designierte Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch bezeichnete Westerwelle als „korrupt“. Der FDP-Politiker sorge „liebevoll dafür, dass sein Lebenspartner, seine Familie und FDP-Großspender anstrengungslos zu noch mehr Wohlstand kommen.“

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast warf dem Außenminister Vetternwirtschaft vor. „Westerwelle schadet der Bundesrepublik, er schadet dem Ansehen des Auswärtigen Amtes“, kritisierte sie. „Das wird und muss den Deutschen Bundestag beschäftigen, wie diese Günstlings- und Vetternwirtschaft betrieben wird“, kündigte Künast an. Dass Westerwelle in den ersten 150 Tagen seiner Amtszeit auf Reisen das Unternehmen seines Bruders bediene, sei „ein kapitaler Fehler und ein Stück aus dem Tollhaus“, sagte Künast weiter. Dies habe „zwangsläufig ein „Geschmäckle““.