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Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorratsdatenspeicherung in ihrer bisherigen Form gekippt, weil sie verfassungswidrig ist. Das Urteil zeigt: Es ist höchste Zeit, sich grundsätzlich Gedanken über Datenschutz und Privatsphäre zu machen.
Besser hätte die Dramaturgie nicht sein können. Am Montag warnte Ilse Aigner, die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, noch vor der Datensammelwut von Google, Facebook und Apple, und am Dienstag kippte das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung des größten sozialen Netzwerks des Landes: der Bundesrepublik Deutschland.
Die Daten von Telefon-, E-Mail- und Internetverbindungen jedes Bundesbürgers wurden für sechs Monate gespeichert. Ob wir damit einverstanden waren oder nicht. Ob es einen Verdacht gegen uns gab oder nicht. Nach Ansicht der Verfassungsrichter ist das ein „besonders schwerer Eingriff in das Fernmeldegeheimnis“, weil es Rückschlüsse „bis in die Intimsphäre“ zulasse. Jetzt müssen die Daten gelöscht werden.
StudiVZ-Profil ist schnell gelöscht
Nun könnte man sagen, dass Menschen Google, Facebook und anderen Unternehmen längst viel intimere Daten anvertrauen – und das sogar freiwillig. Aber genau das ist der Unterschied: Sie tun es freiwillig. Es gibt nichts Kleingedrucktes auf dem deutschen Pass, in dem Bürger darüber aufgeklärt würden, welche Daten vom Staat wann wie warum gespeichert werden. Und im Zweifel habe ich mein Profil im StudiVZ schneller gelöscht als meine Staatsangehörigkeit abgelegt. Übrigens können Unternehmen inzwischen sehr rasch Bruchlandungen erleben, wenn Kunden das Gefühl haben, ihre Daten würden missbraucht. Zuletzt musste sogar Google seine Erfindung Buzz nachbessern.
Die Tragweite ist bei der Vorratsdatenspeicherung des Bundes allerdings sehr viel größer. Die Speicherung der Daten sei geeignet, so die Richter in Karlsruhe, „ein diffuses Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen.“ Genau das darf in einem demokratischen Staat eben nicht sein. Wer will schon in einem Land leben, das seinen Bürgern grundsätzlich misstraut?
Grundsätzlich über Datenschutz nachdenken
Datenspeicherung jeglicher Art weckt immer Begehrlichkeiten. Das gilt für die Wirtschaft genauso wie für den Staat. Das Grundsatzurteil aus Karlsruhe kann dazu beitragen, noch intensiver über den Datenschutz nachzudenken. Denn vom Tisch ist die Vorratsdatenspeicherung damit nicht. Wir sollten gut aufpassen, wie das neue Gesetz aussehen wird. Am besten, bevor das Bundesverfassungsgericht wieder Feuerwehr spielen muss.