Berlin. .
Die Union kommt nicht zur Ruhe. Nach dem Koch-Rückzug und dem Fiasko bei der Bundespräsidentenwahl hat der Rücktritt von Ole von Beust die CDU erneut erschüttert. Die zentrale Frage: Erosionsprozess oder normale Erneuerung?
Nach dem Rückzug des sechsten CDU-Länderfürsten binnen eines Jahres stemmt sich die Union gegen den Eindruck des Niedergangs. Die Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel bedauerte den Rücktritt von Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust. Zugleich betonte sie am Montag, Beust habe mit seiner schwarz-grünen Koalition Neuland betreten und viele Jahre lang gezeigt, dass die CDU auch in großen Städten mehrheitsfähig sei.
Beust hatte am Sonntag nach neun Jahren im Amt seinen Rücktritt angekündigt. Sein Nachfolger soll Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) werden. Der Vorsitzende der Jungen Union (JU), Philipp Mißfelder (CDU), warnte, es entstehe „in der Summe“ schon der Eindruck eines Erosionsprozesses bei der CDU: „Den gilt es zu vermeiden, wenn wir erfolgreich in den nächsten Monaten sein wollen.“
Auch der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach sagte: „Wenn innerhalb eines Jahre sechs Regierungschefs ihr Amt aufgeben, entsteht der Eindruck eines Erosionsprozesses.“
Kauder: Keine Schwächung der CDU
Unions-Fraktionschef Volker Kauder sieht dagegen keine Schwächung der CDU. In Parteien gebe es immer wieder auch eine Zeit der personellen Veränderung und Erneuerung. Merkel führe „außerordentlich erfolgreich“ die Partei und die Regierung. In der Zusammenarbeit in der Koalition müsse aber sicher noch etwas konsequenter über Themen geredet werden: „Wir haben große Themen vor uns, die geklärt werden müssen.“
Auch Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der Ende Mai ebenfalls überaschend seinen Rückzug von allen politischen Ämtern angekündigt hatte, wollte keinen „Erosionsprozess“ in der CDU sehen. Ein Veränderungsprozess könne auch zu positiven Ergebnissen führen. Der Unions-Innenexperte Wolfgang Bosbach (CDU) sprach zwar von einem „personellen Aderlass, der die Union beeindruckt.“ Daran trage aber „nun wirklich Angela Merkel keine Schuld und auch keine politische Verantwortung“.
CSU-Chef Horst Seehofer fürchtet nach Beusts Rückritt ebenfalls keine Schwächung der Union: „Die Union behält ihre Schlagkraft.“ In jeder Partei gebe es Phasen der personellen Erneuerung. „Die CSU hat das gerade hinter sich. Die CDU ist mittendrin. Schwächer wird man dabei nur, wenn man dann nicht genügend gute Talente neu in Position bringt“, warnte Seehofer.
Beust: Kein Zusammenhang mit Bundespolitik
Beust selbst verteidigte seine Entscheidung, das Amt als Regierungschef zum 25. August niederzulegen. „Es ist nie der richtige Zeitpunkt für einen Rückzug aus der Politik. Man muss für sich persönlich entscheiden, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist.“ Mit den Problemen der Koalition auf Bundesebene habe sein Rückzug jedenfalls nichts zu tun.
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte dagegen, nun sei „Merkel allein zu Haus“. Die Landesfürsten hätten „ihre Verantwortung reihenweise an der Garderobe abgegeben“. In der Union gebe es „Auflösungserscheinungen“. Sie sei gespannt, was die CDU-Chefin zu tun gedenke, um diesem Trend entgegenzuwirken. Merkel agiere „ungeschickt, hilflos und erfolglos“ und stecke in einer „Zerreißprobe“ zwischen ihren Aufgaben als Kanzlerin und als Parteichefin.
Auch Grünen-Chef Cem Özdemir sieht die Bundesregierung in Schwierigkeiten. Merkel gehe nach und nach „die zweite Reihe“, die Riege der Landesfürsten, verloren. Es entstehe der Eindruck, dass die neue Generation der Männer bei der CDU „so eine Art Null-Bock-Generation“ sei. Die Kanzlerin bleibe damit „zunehmend mit ihrem Küchenkabinett alleine“. (ddp/rtr)